Homosexualität

Aus Mittelalter-Lexikon
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Homosexualität (Wortbildung des 19. Jh., aus grch. homos/gleich und lat. sexus/Geschlecht; mhd. sodomiterey/widernatürliche Sünde nach der Art der Leute von Sodom und Gomorrha, auch ketzerie; lat. vitium contra naturam/Laster wider die Natur, peccatum Sodomiticum, crimen Sodomiae). Unter dem Begriff sei die gleichgeschlechtliche körperliche Liebe verstanden, nicht – wie der Name Sodomiterei nahelegt – der Sexualverkehr mit Tieren.
Während im Griechenland der Antike und im Römischen Reich sexuelle Beziehungen unter Männern und zwischen Männern und Knaben gesellschaftlich akzeptiert waren, scheinen solche zwischen Frauen nur im Geheimen praktiziert worden zu sein. Der röm. Dichter Ovid (43 v.u.Z. – 17 u.Z.) war noch der Meinung gewesen, dass es bei Frauen keine gleichgeschlechtliche Liebe gäbe. Auch bei den Germanen war Homosexualität unter Männern bekannt. Wenn Tacitus (um 58 u.Z. – um 120) schreibt, dass diese wegen ihrer abartigen Veranlagung im Sumpf versenkt worden seien, so dürfte das nur für den passiven Partner gegolten haben, wurde doch dessen Rolle als unmännlich empfunden.
Im christl. Mittelalter waren gleichgeschlechtliche Sexualbeziehungen zwar als naturwidrig verpönt, doch scheint man ihnen anfänglich mit relativer Duldsamkeit begegnet zu sein. Der Kirchenvater Augustinus lehrte, dass Sodom wegen der dort herrschenden allgemeinen Unzucht der Männer zerstört wurde. Analverkehr zwischen Männern und gegenseitige Masturbation wurden noch im 6. Jh. als lässliches Vergehen geahndet; so sollten etwa einschlägig schuldig gewordene Priester ihres Amtes enthoben oder in ein Kloster gesperrt werden, für Lesbianismus war eine Buße von 160 Tagen bei Wasser und Brot, für männliche Sodomisten eine solche von bis zu einem Jahr vorgesehen. Etwa vom 13. Jh. an wurde die widernatürlichen Unzucht seitens der Kirche immer schärfer geahndet und konnte Delinquenten sogar auf den Scheiterhaufen bringen (erstmals bezeugt für 1277).
(s. Bußbuch, Sexualität, Sodomie)