Antichristspiel

Aus Mittelalter-Lexikon
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Antichristspiel (lat. Ludus de Antichristo). Um 1160 verfasste ein Mönch des Klosters Tegernsee ein Spiel um das Ringen des Kaisertums von Gottes Gnaden mit den Mächten des Antichrist um die Weltherrschaft. Das in Latein geschriebene Tegernseer Antichristspiel ("Ludus de Antichristo") war als Propaganda für den staufischen Reichsgedanken angelegt, und zielte noch auf ein elitäres Publikum aus Klerikern und Adligen. Es wurde nicht gesprochen, sondern gesanglich aufgeführt. Mit dem gleichen Ziel politischer Einflussnahme wurden Antichristspiele bis in die Neuzeit verfasst und aufgeführt, nunmehr aber in dt. Sprache und für das breite Publikum der Stadtbewohnerschaften (z.B. der Münchener "Entchrist" [14. Jh.]; das Xantener "Groze spil vom uff- und untergang des Antichrist" [1473/81]; das Frankfurter Antichristspiel [1468/69]). Der Antichristgedanke wird auch im ®Fasnachtsspiel verarbeitet, beispielsweise in "Des Entekrist vasnacht" (um 1350) und in dem Hans Folz zugeschriebenen "Herzog von Burgund (1493?). Antichrist, mit teuflischen Kräften begabt und zur Vernichtung der Christenwelt angetreten, war der jeweilige politische oder spirituelle Gegner; er trat häufig in Dämonengestalt oder in der Maske notorischer Bösewichter auf, etwa als Nero, Mohammed oder als der "Judenpapst" Anaklet II. Gegenspieler, und natürlich siegreich, waren Propheten oder Heilige. Im Antichristspiel wurde somit weltl.-politische Aktualität aus kirchlicher Sicht bewertet und der Befund anhand biblischer oder legendärer Exempel dem Volk nahegebracht.