Birke

Aus Mittelalter-Lexikon
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Birke (mhd. birke, birche; lat. betula; botan. Betula pendula [B. verrucosa], B. alba und viele andere Arten der Familie der Betulaceen; volkstümliche Namen: Frühlings-, Mai-, Besenbaum u.a.m.) Baum der nördlichen Breiten, der den Völkern Südeuropas nur von Berichten her bekannt war und somit auch keine Rolle in deren Brauchtum und naturkundlichem Wissen spielte. Der frostharte, sommergrüne, lichtbedürftige, bis zu 25 m hohe Baum wächst sowohl auf feuchten als auch auf magersten und trockenen Böden und ist gekennzeichnet durch seinen schlanken, oft krummen Stamm, seine auffällige weiße Rinde mit schwarzrissiger Borke, seine rautenförmigen Blätter und seine hängenden Blütenkätzchen. Das Holz brennt aufgrund der in ihm enthaltenen ätherischen Öle auch in feuchtem Zustand.
Plinius (1. Jh. u.Z.) berichtet eher beiläufig, dass die Gallier den Saft der Birke (gallica arbor) zur Herstellung einer klebrigen Masse verwendeten, aus der sie Pflaster machten.
In der ma. Heilkunde erscheint die Birke erst bei Hildegard v. Bingen (12. Jh.), die ihre Qualität als warm beschreibt und einen Umschlag aus erwärmten Knospen des Baumes gegen schmerzende Hautreizungen, und Birkenrinde zum Abdecken von Brandwunden empfiehlt. – Albertus Magnus (13. Jh.) und Konrad von Megenberg (der im 14. Jh. die Birke als feucht und kühl qualifiziert) halten Birkensaft, den man im Frühjahr aus der Rinde zapft, für ein Mittel gegen Leberbeschwerden und Nierensteine.
In der Volksmedizin galt eine Aufschwemmung von getrockneten und pulverisierten Birkenblättern als Schutzmittel gegen Viehkrankheiten.
In der ma. Heilkunde verwendete man Rinde, Blätter, Knospen, Saft und Harz der Birke. Wirkstoffe der Blätter sind Gerb- und Bitterstoffe, Harze, ätherische Öle, Vitamin C und Flavonoide. Birkensaft enthält eine Zuckerart, wodurch er sich zum Vergären eignet („Birkenwein“).
In der abergläubischen Heilpraxis nutzte man den Birkenstamm zum Übertragen oder „Vernageln“ von Krankheiten wie Gicht oder Fieber. Warzen vertrieb man, indem man sie mit Birkenreisig schlug. Besondere Kraft wurde dem Birkenbesen bei nervösen Leiden zugemutet; Konrad von Megenberg schrieb: „pirckenholz wer daz pei im tregt, daz ist für den krampf guot“. Vergorener Birkensaft (Birkenwein) galt als Potenzmittel.
Die Birke wurde seit je als Symbol des Frühlings, des wiedererwachenden Lebens und der Fruchtbarkeit verehrt. Junge Birkenruten („Maien“) galten als Abwehrmittel gegen Hexen und Unwetter; mit ihnen schmückte man zu Pfingsten das Haus und ließ sie in keinem Pfingstbuschen fehlen. Wo man am Markustag (25. April) bei Feldumzügen mit Maien über die Äcker fegte, blieben die Früchte vor Schädigung durch Vögel bewahrt.
Birkenpech (Pix betulina), wie es beim Verschwelen von Birkenrinde entsteht, wurde schon in prähistorischer Zeit zu Verbindungs-, Befestigungs- und Dichtungszwecken, im MA. zusätzlich zur Herstellung medizinischer Pflaster benutzt. Aus Birkenrinde wurde Zunder hergestellt, Birkenreiser wurden zu Zuchtruten oder zu Besen gebunden. Mit einem Sud von Birkenlaub färbte man Stoffe gelb.
(s. Birkenrinde)