Ingwer

Ingwer (ahd. gingibero; mhd. imber, ingewer, zinciber, yngeber ; grch. ziggiberi; lat. zingiber; arab. gingebil; botan. Zingiber officinale). Die in tropischen Ländern Zentral- und Südostasiens (China, Malaysia, Indien) beheimatete Pflanze mit schilfähnlichen Blättern war schon in der Antike in Europa bekannt. Ihre getrocknete "Wurzel" wurde von Fernhändlern importiert und zunächst von Griechen und Römern, in deren Tradition von den Arabern und seit der Spätantike auch von christl. Klosterbrüdern als Heilmittel genutzt. Die ersten Europäer, welche die Pflanze in ihrer ursprünglichen Umgebung kennenlernten, sollen Marco Polo und Giovanni de Montecorvino gewesen sein.
Verwendung findet der unterirdische, waagrecht wachsende Hauptspross der Pflanze ("Wurzel", Radix Zingiberis; botan. Rhizoma gingiberis). Dieser enthält aromatische Öle und Scharfstoffe, die ihm einen aromatischen Duft und einen würzig- scharfen Geschmack verleihen; des brennend-scharfen Geschmacks wegen wurde Ingwer als Wirkungsgenosse des Pfeffers betrachtet und fand als eines der teuersten Speisen- und Trankgewürze nur auf der Tafel der Reichsten und Mächtigsten Verwendung.
Die Klosterheilkunde qualifizierte Ingwer als heiß und feucht, und empfahl ihn vorrangig zur Bekämpfung von Magen-Darm-Beschwerden und von Atemwegserkrankungen (Erkältungen). Unter vielen weiteren Indikationen fanden sich Pest, Leberleiden, Augentrübungen, Zahnweh und – entsprechend seiner heißen Qualität – Impotenz.
Im Mittelalter nahm man an, dass die Pflanze ein Relikt des Paradieses sei, hielt sie für entsprechend kostbar und zahlte hohe Preise dafür. Sie verlieh Räucherungen einen würzig-scharfen Duft und sollte die Liebeslust erweecken.
Im "Macer floridus" heißt es lapidar: "Man nennt Ingwer und Pfeffer in der Arzneikunde Wirkungsgenossen; deshalb brauche ich über den Ingwer nichts weiter zu sagen."
Hildegard von Bingen gibt in ihrer „Physica“ ein polypragmatisches Rezept gegen Magenvölle an, das auch pulverisierte Ingwerwurzel enthält. Außerdem verwendet sie Ingwer-Rezepturen gegen Podagra (Gicht), gegen Kolik und als Abführmittel.