Karolingische Plastik
karolingische Plastik. Werke der Plastik aus der Epoche sind nur in seltenen Exemplaren erhalten – zum einen, weil in der Folgezeit viele der Erzeugnisse zugrunde gegangen sind, zum andern, weil die Produktion zahlenmäßig bescheiden war. Die künstlerischen und technischen Fertigkeiten mussten erst wieder durch Mönchskünstler vermittelt werden, die noch in spätantiker oder merowingischer Tradition standen.
Bauplastik wurde nur sparsam angewandt. Die Gestaltung der Kapitelle basiert auf antiken Vorbildern (korinthisch, ionisch), findet aber durch Vereinfachung und Glättung einen eigenständigen Ausdruck. Werke der Bildhauerei beschränken sich auf Reliefs (Antependien), in Vollplastik wird allenfalls der Gekreuzigte dargestellt.
Werke karolingischer Bronzeplastik entstanden in der von Karl in Aachen eingerichteten Gusshütte und dienten neben der Kirchenausstattung (Kelche, Leuchter, Rauchfässer, Kreuze usf.) vor allem der imperialen Selbstdarstellung des Kaisertums im Sinne der "Renovatio Romani Imperii". Neben Erzeugnissen der konkurrenzlosen Aachener Gusshütte (z.B. die sog. Wolfstür der Palastkapelle oder ein Adler mit drehbarem Kopf als Bekrönung des Aachener Palastes) ließ Karl auch antike und spätantike Erzeugnisse italiensicher Gusshütten aufstellen (so die sog. Statue einer Bärin, die Reiterstatue des Theoderich, vier doppelflügelige Bronzetüren und acht Emporengitter). Die Reiterstatuette Karls d. Gr. aus dem Schatz der Kathedrale zu Metz (9. Jh.) entstand wohl erst nach Karls Tod, und gibt, wenn auch nicht als authentisches Portrait, viele Merkmale des Kaisers wieder. (Körpergröße, runde Kopfform, Schnurrbart, fränkische Tracht, Lilienkrone.)
Elfenbeinschnitzerei und Goldschmiedekunst wurden vor allem zur Gestaltung der Prachteinbände karolingischer codices eingesetzt. Die Ausdrucksmittel der Elfenbeintafeln und der in Goldblech getriebenen Reliefs gleichen denen der Buchmalerei. Herausragende Beispiele karolingischer Elfenbeinarbeiten sind der Deckel des Dagulf-Psalters und des Lorscher Evangeliars (783-795, Hofschule Karls d. Gr.), der Heribert-Kamm (Metz, 9./10. Jh.), der Deckel des Psalters Karls des Kahlen (vor 869) und die sog. Tuotilo-Tafeln (St. Gallen, benannt nach dem dort 895-912 nachgewiesenen Mönchskünstler Tuotilo).
Ein reiches Betätigungsfeld für Goldschmiede war das Kultgerät der Kirche. Altäre, Kelche, Patenen, Ziborien, Reliquiare, Altarkreuze und Bischofsstäbe zeigen Stilelemente nordischer und spätantiker Herkunft. Aus dem persönlichen Besitz Karls stammt ein Talisman, ein in Gold getriebenes Reliquiar, verziert mit Edelsteinen, Perlen und Filigranarbeit. (Das als Brustschmuck getragene Reliquiar enthielt ursprünglich Haare Mariens, heute ein Kreuzpartikel).