Kreuzzugs-Chroniken
Kreuzzugs-Chroniken. Unser Wissen über die Geschichte der Kreuzzüge stammt von Chronisten, die entweder selbst an Kreuzzügen teilgenommen hatten oder Berichte von Augenzeugen niederschrieben. Derartige Chroniken sind jedoch nicht als objektive Berichterstattung im modernen Sinn zu verstehen, vielmehr vermischen sie Idealisierung, Gräuelpropaganda, tendenziöse Ausdeutung, Wunderberichte sowie mehr oder weniger korrekte Darstellungen auf vielfältige Weise.
Etwa um 1100 entstanden die "Gesta Francorum et Aliorum Hierosolimitorum" eines anonymen lateinkundigen Franzosen, sowie die Chroniken der Kleriker Raimund von Aguilers ("Historia Francorum qui ceperunt Jerusalem") und Fulcher von Chartres ("Gesta Francorum Iherusalem Peregrinatium"). Ekkehard von Aura schrieb eigene Kreuzzugserinnerungen 1115 in der Schrift "Hierosolymita" nieder, die einen starken Eindruck von der Kreuzfahrerbegeisterung vermittelt, wie sie nach anfänglichem Zögern auch Deutschland erfasst hatte. Frutolf von Michelsberg (gest. 1103) gibt in seiner "Weltchronik" eine kundige, von Fakten bestimmte und quellenkritische Beschreibung des ersten Kreuzzuges. Der Mönch Albert von Aachen beginnt 1101 seine Chronik des ersten Kreuzzugs und des Kreuzzugs der Armen ("Liber Christianae Expeditionis pro Ereptione, Emundatione et Restitutione Sanctae Hierosolymitanae Ecclesiae"). Er stützt sich dabei auf die anonyme Gesta Francorum, auf mündliche Berichte von Teilnehmern, auf inzwischen verschollene schriftliche Augenzeugenberichte, aber auch auf rein fiktive Legenden und Wunderberichte. Aus Frankreich stammt Robert der Mönch, der 1106 im Auftrag seines Abtes die anonyme „Gesta Francorum“ im Sinne der Kirche ergänzt. Der in Palästina geborene Franzose Wilhelm von Tyrus schrieb zwischen 1170 und 1184 über die Kreuzzüge und das Königreich Jerusalem ("Historia Rerum in Partibus Transmarinis Gestarum"). Aus byzantinischer Sicht und z.T. aufgrund eigener Erlebnisse beschreibt Anna Komnena, die hochgebildete Tochter des Kaisers Alexios I. Komnenos, Geschehnisse des ersten Kreuzzuges in der "Alexias" (um 1118), der Geschichte der Regierungszeit ihres Vaters. Ihr Bericht ist zwar von Verachtung der Lateiner geprägt, zeugt aber von hervorragender Sachkenntnis. Jacques de Vitry (1160/70-1240), ein frz. Geistlicher und Historiograph, schrieb als Augenzeuge eine Chronik des 5. Kreuzzugs ("Gesta Dei per Francos"). Aus dem 12./13. Jh. stammen Kreuzzugsberichte in Kompilationen muslimischer Autoren (Ibn al-Qalanisi, Ibn al-Athir, Imad ed-Din).