Lepraschautexte
Lepraschautexte. Vom 13. Jh. an entstanden katalogartige Traktate, welche den Leprosenmeistern (mhd. schouwern, lat. probatores) die korrekte Durchführung der Untersuchung auf Lepraerkrankung (examen leprosorum) ermöglichen sollten. Sie enthielten eine Symptomenliste sowie krankheitsbezogene Hinweise zur Harn- und Blutschau.
Die Traktate gaben Anweisungen zur Untersuchung auf neurologische Ausfälle (Sensibilitätsprüfung durch Nadelprobe), auf geschwürige Neubildungen (besonders im Gesicht), auf Stimmveränderungen (Singprobe zur Untersuchung auf Veränderungen im Kehlkopf) oder die Daumenballenprobe (zur Feststellung eines neurologisch bedingten Muskelschwundes). Gefragt wurde auch nach einem gesteigerten Sexualtrieb des Probanden bzw. der Probandin, nahm man doch an, dass Leprakranke einen unzüchtigen Lebenswandel hätten und die Krankheit beim Geschlechtsverkehr übertargen würde. Bei der Blutschau wurden mittels einer Siebprobe „erdige“ Substanzen gesucht, bei der Harnprobe erwartete man bei positivem Befund eine „weiße und aschige“ Beimengung. Die Untersuchung hatte bei hellem Tageslicht zu erfolgen. Die Untersuchungsanweisungen waren sowohl in Latein wie volkssprachig abgefasst. Das Ergebnis sollte in einem Schaubrief protokolliert werden, gleich ob es positiv (immundus et leprosus) oder negativ (mundus) war. Das Kollegium der Schauer bestand aus mehreren Personen, meist dem Stadtarzt, dem Vorsteher des Leprosenhauses sowie Badern und Hebammen.