Magnetismus

Aus Mittelalter-Lexikon
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Magnetismus (v. grch. lithos magnetes = Magnetstein; eigentl. Stein aus Magnesia, einer Landschaft im alten Griechenland, in der er häufig gefunden wurde. Mhd. magnete, auch adamant, agetstein; lat. magnes, auch Hercules). Die Eigenschaft des Minerals Magnetit, Eisen anzuziehen und anziehend zu machen, war schon im 3. Jh. v. Chr. in China bekannt. Seine richtungsweisende Eigenschaft wurde jedoch erst viel später und wiederum von Chinesen erkannt. Ein erster Hinweis auf Verwendung als nautischer Kompass ist in einem chines. Buch aus dem Jahr 1090 enthalten. Durch arab. Seefahrer wurde die Idee ins christl. Abendland vermittelt. Ein erster Hinweis aus westl. Quellen findet sich in dem Werk "De naturis rerum" (um 1190) des engl. Gelehrten Alexander Neckham (1157 - 1217), in welchem ein "schwimmender" Kompass erwähnt ist. Der französische Kreuzfahrer Petrus Peregrinus (Pierre de Maricourt) gab 1269 in seiner Schrift "Epistola de magnete" eine eingehende Beschreibung des Magnetismus und eines "trockenen" Kompass´. Der Brief enthält einen theoretischen und einen praktischen Teil, handelt von Abstoßung und Anziehung, von Magnetpolen und von der Möglichkeit des Magnetisierens. Die Idee eines Erdmagnetfeldes scheint hier wohl erstmalig auf. Petrus, der den Wert des Experimentierens ausdrücklich betonte, war der Lehrer Roger Bacons. Als richtende Kraft der nordweisenden Nadel wurde der Polarstern angesehen. Die Missweisung - die Differenz zwischen dem magnetischen und geografischen Nordpol - wurde erstmals von dem Astronomen ®Georg von Peurbach beschrieben. (s. Kompass, nautische Orientierung)
Im bergmännischen Vermessungswesen wurde der Magnetkompass erstmals in Italien (Massa Marittima/Toskana) um 1250 verwendet. Dem Aufbau nach handelte es sich um eine kleine Büchse (ital. Bossolo) gehandelt, in der eine in ein Holz- oder Schilfrohr eingeschlossene Magnetnadel schwimmend gelagert war.
In der ma. Heilkunde wurde die „anziehende“ Wirkung des Magnetsteins für sympathetische Therapien genutzt. So wurde er z.B. an einem Wassersüchtigen appliziert, damit er die Flüssigkeit an sich zöge und den Leib des Kranken austrockne; innerlich und äußerlich angewandt, sollte er Kopfweh und Krämpfe an sich ziehen und – durch Zugkraft auf die Leibesfrucht – den Geburtsverlauf fördern. Ein Medizinbuch aus dem 13. Jh. empfiehlt, eiserne Fremdkörper – etwa Pfeilspitzen – mittels eines Magneten zu entfernen.
Auf die Möglichkeit, mit Magnetsteinen Trickbetrügerei zu betreiben, verweist Augustinus in „De civitate Dei“: dem unwissenden Betrachter würde das Wunder eines frei in der Luft schwebenden ehernen Götzenbildes vorgetäuscht, das in Wirklichkeit durch große, unter dem Boden und über der Decke versteckte Magnetsteine gehalten wird.