Natureingang
Natureingang. Literaturwissenschaftliche Bezeichnung für den Einleitungsteil vieler Minnelieder, soweit er durch Naturschilderung gekennzeichnet ist. Diese besteht in einer eher stereotypen Aneinanderreihung von Versatzstücken des natürlichen Hintergrundes, der der Grundstimmung eines Liedes entspricht oder kontrastierend gegenübersteht. Mai, Blumen, Vogelsang, Heide, Wald bzw. Schnee, Eis, Kälte und der Mangel an Blumen und Vogelstimmen bilden den Stimmungsgrund für die Wonnen oder das Leid der Minne. (In diesem Zusammenhang soll daran erinnert werden, dass der ma. Mensch die jahreszeitlich bedingte Naturverfassung unmittelbarer, eindrucksvoller erlebte als der heutige.) Der Natureingang findet sich häufig in der Dichtung von Dietmar von Aist, Walther von der Vogelweide und Neidhart von Reuenthal, auch in der Vagantenlyrik und im Volkslied. Als Beispiel die erste Strophe eines Liedes Neidharts von Reuenthal:
Fröut iuch, junge und alte!
der meie mit gewalte
den winder hat verdrungen,
die bluomen sint entsprungen.
wie schon diu nahtegal
uf dem rise ir süeze wise singet, wünneclichen schal!