Orient

Aus Mittelalter-Lexikon
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Orient (mhd., v. lat. [sol] oriens = aufgehende [Sonne]). Die Länder im Osten, der aufgehenden Sonne zu gelegen und daher vom SMA. an auch "Morgenland" genannt, waren dem ma. Menschen durch Fernhändler, Botschafter und Forschungsreisende, durch Pilger und Kreuzfahrer als phantastische, von Reichtum und Abenteuern strotzende Märchenwelt geschildert worden. Den orientalischen Ländern wurden außer denen des nahen, mittleren und fernen Ostens auch jene Nordafrikas und Arabiens zugerechnet. Die Einstellung dem Orient gegenüber war zwiespältig: einerseits galt er, da überwiegend islamisch beherrscht, als heidnisch und damit feindlich; andererseits fand ein reger Austausch an Handels- und Kulturgütern statt, wuchs – wenigstens bei Gebildeten – auch Bewunderung für "orientalische" Lebensart, Kunst und Wissenschaft. Die Türkenstürme des SMA. ließen dann das Schreckensbild des grausamen, christenschlachtenden Orientalen in den Vordergrund treten. Die Liste dessen, was dem christlichen Abendland ex oriente an Bildung, Wissenschaft und praktischen Fertigkeiten vermittelt wurde, wäre von beeindruckender Länge. Erinnert sei nur an Algebra und Alchemie, an Astrologie und Astronomie, an Anatomie und Heilkunde, an Astrolab und Kompass, an Musikinstrumente, Papier oder Baumwoll- und Seidentextilien. Als höchstes Gut war auch das Licht des Christentums, der christl. Glaube aus dem Orient gekommen.
(s. Heiliges Land, Ostung)