Publikum
Publikum (Theat.; mlat. publicum [vulgus] = das gemeine Volk, Öffentlichkeit; mhd. zuoschouwe = Zuschauergemeinde). Der Status des ma. Schauspielpublikums ging wesentlich über den des "Zuschauers" hinaus. Die Menschen wurden von den Spielen gefühlsmäßig stark bewegt und fanden sich nicht nur berechtigt, sondern geradezu aufgerufen, ihre Stimmungen laut zu äußern. Darüberhinaus wurden sie von den Spielleuten und Schauspielern dialogisch in die Handlung mit einbezogen, gingen bei Prozessionsspielen oder bei Spielen, die auf mehreren Bühnen abliefen, buchstäblich mit.
Die Zusammensetzung des Publikums sma. städtischer Schauspiele variierte je nach Art des Spiels. Adel und Geistlichkeit waren nur bei den großen geistl. Spielen zugegen, und nahmen zusammen mit dem Stadtpatriziat die erhöhten Ehrenplätze ein. Zu ebener Erde drängten sich Kaufleute und Handwerker, Dienstboten und Bauern. Auch an den Kirchenraumspielen nahmen die Gemeindemitglieder aller sozialen Schichten teil, wobei den Hochgestellten privilegierte Plätze zustanden (s. Zuschauerplätze). Das höfische "Große Neidhartspiel" wurde nur vor adligem Publikum aufgeführt, das sich an den Frühlingstänzen der ersten Szene aktiv beteiligte. Bei den obszönen oder fäkalischen Possen war das Stadt- und Landvolk unter sich. Für Kleriker galt im ganzen MA. das Verbot (des Konzils von Aachen v. 816), an Auftritten von Histrionen und Joculatoren, an nicht-geistlichen Spielen generell, teilzunehmen.