Sanduhr

Aus Mittelalter-Lexikon
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Sanduhr (mhd. seigaere, seiger; v. seigen = langsam abtröpfeln; auch: wägen, visieren, eichen). Seit etwa 1250, als man in Venedig die Kunst beherrschte, klares Glas herzustellen, kamen - wahrscheinlich nach arabischem Vorbild - gläserne Sanduhren in Gebrauch. Sanduhren waren zur Abmessung einer bestimmten „verronnenen“ Zeitspanne (1/4, 1/2, 3/4, 4/4 Stunden) bestimmt. Sie erleichterten dem Arzt das Pulsnehmen und erinnerten den Prediger auf der Kanzel oder den plädierenden Anwalt an den Ablauf der Zeit. Der Gestalt nach bestanden sie aus zwei birnenförmigen, an den Halsöffnungen miteinander verbundenen Glasgefäßen, die in ein Gestell gesetzt sind. Der Stoff, der von einem Glas in das andere rieselte, bestand aus rotem, gebranntem Sand, aus Marmorstaub, Zinn- oder Bleipulver oder weißen, gemahlenen Eierschalen (von daher die Bezeichnung "Eieruhr"). An der Grenzstelle, wo die beiden Gläser miteinander verkittet waren, befand sich ein Metallplättchen mit Regulieröffnung. Beim Eichen der Sanduhr wurde – nach einem Vergleich mit einer Standarduhr – entweder die Regulieröffnung oder die Sandmenge verändert. War ein Gefäß der Sanduhr „abgelaufen“, so konnte man durch Umdrehen den Vorgang von neuem beginnen lassen. Sanduhren waren zwar genaugehende Zeitmesser und den Räderuhren bis ins 18. Jh. an Ganggenauigkeit überlegen, für Langzeitmessung jedoch ungeeignet.
Große Sanduhren mit halbstündiger Ablaufzeit erlangten besondere Bedeutung in der Seefahrt, wo Gewichts-Räderuhren wegen der Schiffsbewegungen nicht zu gebrauchen waren. Von der Bezeichnung "Glas" für "Sanduhr" kam in der Seemannssprache das Wort "glasen" für das Läuten oder Aussingen der halben Stunden einer vierstündigen Wache. (Das Wort wurde im 16. Jh. aus dem Niederländischen ins Deutsche übernommen).
In der sma. Ikonographie wurde die abgelaufene Sanduhr zum Zeichen der verronnenen Zeit und des Todes.
Die wohl früheste Erwähnung einer Sanduhr findet sich in den "Documenti d´Amore" des Franceso Barbarinos, 1313. Die älteste bildliche Darstellung einer Sanduhr findet sich auf einem Fresko von Ambrogio Lorenzetti im Ftiedenssaal des Palazzo Pubblicoin Siena, entstanden 1338. (Im 16./17. Jh. war Nürnberg Zentrum auch der Sanduhrmacherei.)