Schlaraffenland

Aus Mittelalter-Lexikon
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Schlaraffenland (mhd. sluderaffe, sluraffe = Müßiggänger, Faulenzer). Das schwankhafte Märchen von einem paradiesgleichen Ort, an dem alle Genüsse im Überfluss vorhanden und jederzeit für jedermann ohne Gegenleistung verfügbar sind, war schon in der Antike geläufig. Statt Wasser führen Bäche und Flüsse Milch, Wein oder Honig, Fische schwimmen gebacken an der Oberfläche, Vögel fliegen einem gebraten in den Mund, hier liegen Käselaibe wie Steine herum, dort muss man sich durch Berge von Brei hindurchfressen. Den Schlaraffen gilt Müßiggang als Tugend, Arbeit als Sünde. Um den Altersbeschwerden zu entgehen, badet man im Jungbrunnen.
Der Mythos vom Schlaraffenland kann sowohl als Projektion unerfüllbarer Wünsche des von Hungersnöten geplagten Volkes als auch als sozialkritische Satire auf das Luxusleben der oberen weltlichen wie kirchlichen Stände oder als Karikatur des christlichen Paradieses gedeutet werden.
Frühe Belege für das Wunschbild finden sich in den ma. frz. Schwankdichtung („Fabliau de Coquaigne“, 13. Jh.), in den „Carmina Burana“, wo an einer Stelle von einem „abbas cucaniensis“ (v. ital. cuccagna = Küche) die Rede ist und im ausgehenden MA. in Sebastian Brants „Narrenschiff“ (gedruckt 1494).