Schwabenspiegel
Schwabenspiegel. Das ma. Rechtsbuch, entstanden 1274/75, kursierte unter Titeln wie "Kaiserliches Land- und Lehnrecht", "Großes Kaiserrecht" u.ä.; die Bezeichnung "Schwabenspiegel" wurde erstmals 1609 von dem Rechtsgelehrten Melchior Goldast von Haiminsfeld gebraucht, um die Abhängigkeit des oberdt. Rechtsbuches vom niederdt. "Sachsenspiegel" zu betonen. Der anonyme Autor, der möglicherweise zum Kreis der Augsburger Minoriten gehörte, sagt zu seinem Werk: "Ditz recht han ich niht erdacht / Ez habent die chuninge an uns praht / mit weiser maister lere". Er will also das von den Königen gesetzte Recht so darstellen, wie es von studierten Juristen interpretiert und weitergereicht worden ist. Dabei verwertet er neben dem Sachsenspiegel fränkische Kapitularien, hma. Landfrieden, und vielleicht Schriften Davids von Augsburg und Bertholds von Regensburg. Erstmals fließen auch Grundsätze des Röm. Rechts ein. Anders als der Sachsenspiegel sind Juden nach dem Schwabenspiegel nicht mehr frei, sind von Christen durch den spitzen Judenhut unterscheidbar zu machen und streng abzusondern. Ihnen ist Geschlechtsverkehr mit Christinnen bei Strafe des Feuertodes verboten.
Durch die Kanzleien großer oberdt. Städte wie Wien, München, Augsburg, Regensburg und Nürnberg fand der Schwabenspiegel weite Verbreitung. Er wurde maßgeblich in Schlesien, Mähren, im Deutschordensland, in Westdeutschland und im sächs. Rechtsbereich. Übersetzt wurde er ins Lateinische, Französische und Tschechische. Um die Mitte des 14. Jh. entstand in Hessen als Ableitung des Schwabenspiegels der "Kleine Kaiserspiegel", der aufgrund seiner Ausrichtung auf hessisch-fränkische Rechtsnormen auch "Frankenspiegel" genannt wurde. Auf der Grundlage des Schwabenspiegels entstanden das Rechtsbuch des Rupprecht von Freising (1328), das Münchner Stadtrecht von 1340 und das Oberbayerische Landrecht von 1346.