Totenschiffe

Aus Mittelalter-Lexikon
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Toten-, Geister-, Höllenschiffe. Im MA. gingen – hauptsächlich in küstennahen Gegenden - Märchen und Sagen von Schiffen um, die ohne Mannschaft oder mit einigen wenigen Leichen an Deck auftauchten, und die wundersame Eigenschaften hatten; sie waren von geisterhaftem Licht umgeben, erschienen aus dem Nichts und lösten sich wieder auf, sie konnten bei absoluter Flaute, gegen den Wind oder rückwärts segeln, ja sogar fliegen. Ihr Anblick galt als böses Omen, konnte auch den Zod bringen. Es hat auch Sagen um Höllenschiffe gegeben, die vom Teufel befehligt und von höllischen Geistern gesegelt wurden; sie kreuzten ruhelos über das Meer und brachten die Pest oder andere Unheil.
Sagen um Totenschiffe sind wohl vor einem realen Hintergrund entstanden. Es hat Schiffe gegeben, deren Besatzung von Skorbut, von Typhus, Ruhr oder von der Pest dahingerafft worden ist. Da die Toten über Bord geworfen worden waren, fanden sich, wenn ein solches Schiff aufgebracht oder an die Küste geschleudert wurde, nur wenige Leichen an oder unter Deck. Ein solches Totenschiff soll 1349 die Pest nach Skandinavien gebracht haben. Es war von dem pestverseuchten London gekommen, hatte unterwegs die ganze Mannschaft verloren und war von Winden und Meeresströmungen nach Bergen getrieben worden. Dort ist alsbald die Pest ausgebrochen und wurde von Flüchtlingen übers Land verbreitet.
Andere Geisterschiffe hatten Kochsalz oder Soda geladen und sind nach ihrem Untergang – und nachdem sich die Ladung im Wasser aufgelöst hatte – wieder aufgetaucht und übers Wasser geirrt.
Wieder andere trieben ohne Mannschaft an der Meeresoberfläche, weil nach dem Sinken und beim Aufprall auf dem Meeresboden der Schiffsboden gebrochen, der Ballast aus dem Rumpf gefallen und das so erleichterte Schiff wieder aufgetaucht war.