Turiner Grabtuch

Aus Mittelalter-Lexikon
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Turiner Grabtuch ist die Bezeichnung eines von Gläubigen als Christus-Reliquie verehrten Leinentuchs von 4,36 m Länge und 1,10 m Breite, das ein anatomisch richtiges und künstlerisch hochwertiges Abbild (als Negativ-Abdruck) von Vorder- und Rückseite eines gegeißelten und gekreuzigten Mannes zeigt. Interessant ist, dass wohl erstmals in einer Darstellung eines Gekreuzigten die Handgelenke, und nicht - wie bis dahin fälschlicherweise - die Handflächen vom je einem Nagel durchbohrt sind. Nach Ansicht reliquiengläubiger Christen ist in das Tuch der Leichnam Christi zur Bestattung eingewickelt gewesen.
Radiokarbonuntersuchungen von Proben des Tuches legen jedoch eine Entstehungszeit zwischen 1260 und 1390 nahe. Tatsächlich datiert die erste gesicherte Erwähnung des "Grabtuches" von 1357. Um diese Zeit ging man in der bildenden Kunst vom romanischen "Viernageltyp" zum gotischen "Dreinageltyp" über (s. Kruzifix).
Das auf der Leinwand fixierte Abbild eines liegenden bärtigen Mannes mit über dem Schoß aufeinandergelegten Händen hat sich dem Tuch durch Blut sowie durch Öle und Essenzen, wie sie zum Einbalsamieren eines Leichnams benutzt wurden, aufgeprägt. Obwohl das Tuch vom Vatikan nie als echtes Leichentuch Christi anerkannt worden ist, genießt es seitens der Gläubigen höchste Verehrung.
Das Tuch soll ursprünglich aus dem Hl. Land stammen, von wo es um 600 vor den anrückenden Sarazenen nach Byzanz in Sicherheit gebracht worden sei. Dort raubten es plündernde Kreuzfahrer (4. Kreuzzug, 1204)und brachten es nach Frankreich,wo es in den Besitz des Adligen Geoffrey de Charnay gelangte, der es 1357 in der Stiftskirche von Lirey (Champagne, bei Troyes) zur Anbetung ausstellen ließ. Später kam das Tuch an die Herzöge von Savoyen, die späteren Könige von Italien, die es dem Turiner Domkapitel schenkten. Dort ist es seitdem in der Capella Regia des Johannes-Domes verwahrt. Alle 25 Jahre - zuletzt anno 2000 - wird das Original-Tuch gezeigt, sonst ist eine Kopie ausgestellt.