Ulrich Boner
Ulrich Boner (latinisiert Bonerius; 14. Jh.). Möglicherweise identisch mit einem zwischen 1324 und 1350 in Berner Urkunden erwähnten gleichnamigen Dominikaner-Prediger, einem vornehmen Berner Geschlecht entstammend. Er verfasste mit dem "Edelstein" die erste deutschsprachige Sammlung äsopischer Fabeln, die in 32 Handschriften und zwei Inkunabeln überliefert ist. Als Quellen dienten ihm die ma. lat. Fabelsammlungen des Anonymus Neveleti (Fabeln 1-62) und des Avian (Fabeln 63-91). Ulrichs Stil ist einfach und klar, formal am Reimpaarbispel orientiert. Zwar verweisen Pro- und Epilog auf die geistliche Zielsetzung des Werks, doch schlägt vielfach die der Gattung eigene moralische Indifferenz durch: richtiges Handeln ist das, was sich in einer gegebenen Situation als zweckmäßig erweist. Gut und Nützlich werden gleichgesetzt. Freiheit geht über alle Güter der Welt. Die Nutzanwendung (Moral) ist auf die Verhältnisse der städt. Leserschaft hin umgearbeitet. – Die Sammlung wurde ein großer Erfolg und ging 1461 in Bamberg in Druck.