Visio Tundali

Aus Mittelalter-Lexikon
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Visio Tundali (V. Tnugdali, V. Tondoli, auch Marcus V.; Anfang 12. Jh.). So heißt ein Jenseitsbericht, der um 1150 von einem irischen Mönch Marcus im Schottenkloster zu Regensburg aufgezeichnet worden ist. Er will ihn kurz zuvor aus dem Mund des Ritters Tundaldus in dessen irischer Heimatsprache vernommen und in lat. Prosa niedergeschrieben haben.
Besagter Ritter, ein hochfahrender und unchristlicher Mensch, erkrankte und fiel in todesähnliche Bewusstlosigkeit. Da erschien ein Engel, der die Seele des Tundalus während dreier Tage durch die Pein des Fegefeuers und die Schrecken der Hölle und die Freuden des Paradieses führte und erklärte, dass er zur Verdammnis verurteilt würde, wenn er sein Leben nicht radikal änderte. Außerdem solle er seinen Mitmenschen von seinen Jenseitserlebnissen berichten, und sie so zu frommer Gesinnung bekehren.
Nachdem der Engel Tundals Seele zurückgeleitet hatte und der Ritter wiedererwacht und genesen war, entsagte er dem weltlichen Treiben und begann ein gottgefälliges frommes Leben.
Die Visio Tundali fand rasche – auch volkssprachige – Verbreitung als Handschrift und erlebte auch noch Druckauflagen. Hauptsächlich für die christl. Erziehung des Adels war die Übersetzung ins MHD. und Versifizierung (ca. 2.200 Verse) des Visionsberichts gedacht, die der Geistliche Alber von Windberg (Bayern, um 1200) geschrieben hat.