Walahfrid Strabo

Aus Mittelalter-Lexikon
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Walahfrid Strabo (Eigenbezeichnung nach einem körperlichen Defekt: lat. strabus = der Schielende; um 808 - 49) entstammte einer einfachen schwäbischen Familie, wurde als Mönch unter den Äbten Haito und Grimald an der Klosterschule der Benediktiner-Abtei Reichenau erzogen, studierte nach 825 in Fulda, wo er Schüler des ®Hrabanus Maurus war. Für seine Verdienste als Kapellan der Kaiserin Judith und Erzieher des späteren Kaisers Karl dem Kahlen wurde er durch Ludwig dem Frommen 838 zum Abt von Reichenau gemacht. Aufgrund der Streitigkeiten unter den Söhnen Ludwigs des Frommen, bei denen er sich auf die Seite Lothars stellte, musste er 840 nach Speyer ins Exil gehen. 842 söhnte er sich mit Ludwig dem Deutschen aus und konnte in sein Amt zurückkehren. 849 soll er auf einer Reise im Auftrag Karls des Kahlen in der Loire ertrunken sein.
Walahfrid, einer der bedeutendsten Vertreter der ®Karolingischen Renaissance, hinterließ ein umfangreiches Schriftenwerk. Seine weitgespannten Interessen beweist das "Vademecum", in das er seit seiner Jugend Eintragungen u.a. zu Grammatik und Metrik, zu bemerkenswerten Ereignissen, zu Medizin und Landwirtschaft gemacht hat.
Seinen Ruhm begründete jedoch ein poetisches Werk, die "Visio Wettini", welches in über 900 Hexametern die Jenseitsvisionen seines Lehrers Wetti nach einer Prosafassung des Confraters Heito beschreibt. (Wetti hatte in der Nacht vom 2. auf den 3. November 724, schon auf dem Sterbebette liegend, zwei Traumvisionen. Darin wird er von einem Engel durch das Jenseits geleitet und über Sündenstrafen Verstorbener sowie über Bußwerke und Gebetshilfe für die Armen Seelen belehrt. In den Visionen wurden dem Wetti auch endzeitliche Schrecken wie Hungersnot und Pestilenz drastisch vor Augen gestellt.)
Der sog. "Hortulus" (eigtl. "Hortulus Monasterii S. Gallensi Abbati Grimaldo inscriptus") oder "Liber de cultura hortorum" ist eines der ersten Lehrbücher zum Gartenbau, ebenfalls in Hexametern abgefasst. Das Gedicht im Stile Vergils beschreibt Anbau und Pflege der Zier-, Heil-, Würz- und Speisepflanzen des Klostergartens, behandelt pharmakognostisch-pharmakologische Fragen und lobt die Gartenarbeit als eine Form der "vita tranquilla".
Die dem Wahlafrid wohl zu Unrecht zugeschriebene, jedoch von seinem Denken beeinflusste "Glossa ordinaria" war einer der einflussreichsten Bibelkommentare des MA.
Seine Überarbeitung von Einhards "Vita Caroli Magni", eine Vita Ludwigs des Frommen, eine St. Gallus-Vita und die Vita Otmars von St. Gallen, sowie eine Abhandlung über Liturgie runden sein Werk ab.