Weltgerichtsspiel

Aus Mittelalter-Lexikon
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Weltgerichtsspiel. In Deutschland sind seit dem 13. Jh. nichtliturgische geistliche Spiele belegt, deren Gegenstand das endzeitliche Geschehen war: die Auferstehung der Toten, das Jüngste Gericht Christi, der Höllensturz der Verdammten und die Himmelfahrt der Erlösten. Als von vornherein der Verdammnis verfallen galten Juden, Ketzer und unbußfertige Christen. Unter letzteren fanden sich auch Papst, Kardinal, Bischof, Kaiser, König, Fürst oder Herr, die, mit Ketten umschlungen, von Teufeln in den Höllenrachen der Kulisse gezerrt wurden. Es sollten jedoch nicht nur abschreckende Beispiele vor Augen gestellt werden, die Zuschauer selbst sollten heilsame Erschütterung erfahren – war doch keiner von Sünden frei oder göttl. Gnade sicher. Die Weltgerichtsspiele wurden auch als willkommener Anlass benutzt, um Kritik an aktuellen sozialen oder politischen Zuständen vorzutragen – sei es, um das Publikum im Sinne der Kirche zu beeinflussen, oder, um die Publikumsmeinung zu artikulieren und zu bestätigen, und dadurch das Selbstwertgefühl der Menge zu heben. Aufführungsdatum war ursprünglich der letzte Sonntag des Kirchenjahres oder der erste Adventssonntag, doch wurde das Spiel schon bald auch zu anderen Zeiten aufgeführt. Beispiele: das dt. "Zehnjungfrauenspiel" (erstmals bezeugt in Eisenach, 1321), das "Rheinauer Weltgerichtsspiel" (1350), als Sonderform "Des Endchrist vasnacht" (um 1353).