Asylrecht

Aus Mittelalter-Lexikon
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Asylrecht (v. grch. asylos = sicher, unverletzlich; auch Freistättenrecht). Schutz vor dem Zugriff der Verfolger fanden schuldig oder unschuldig Verfolgte schon in vorchristl. Zeit an heiligen Stätten oder unter dem Dach eines "festen Hauses" (Hausfrieden). Im FMA. galten Friedhöfe und Vorplätze von Kirchen, vom 12. Jh. an auch Klöster und Stifte als Freistätten. In der karolingischen Überarbeitung der alemannischen Volksrechte ("Lex Alamannorum") heißt es: "Si quis homo aliquem persequens fugitivum aut liberum aut servum et ipse inter ianuas ecclesiae confugiens, nullus habeat potestatem vim abstrahendi de ecclesia ..." (Wenn ein Mann einen Flüchtigen verfolgt, einen Freien oder einen Knecht, und dieser innerhalb der Kirchentüren Zuflucht findet, habe keiner die Macht, ihn mit Gewalt aus der Kirche zu reißen ...). Das Asylrecht wurde auch auf Stätten königlichen Friedensgebots ausgedehnt, so auf Mühlen, Schmieden oder Fähren. (Bei dem letzten Fall galt, dass der auf die Fähre gelangte Flüchtling während der Überfahrt vor dem Fährmann, seine Verfolger dahinter Platz nehmen sollten. Während der Fahrt herrschte Friedenspflicht. Erst am jenseitigen Ufer durfte die Verfolgung wiederaufgenommen werden.)
Manche Städte erwarben königliches oder landesherrschaftliches Asylprivileg, um Rechtsflüchtigen hinter ihren Mauern Schutz vor auswärtigen Gerichten zu bieten – nicht selbstlos, sondern gegen Zahlung einer Gebühr. Zweck des Asyls war der Schutz Flüchtiger vor dem unmittelbaren Zugriff der Verfolger und die Herbeiführung eines ordentlichen Gerichtsverfahrens und der Sühne; der Missetäter sollte Gelegenheit bekommen, sich mit den ihn verfolgenden Geschädigten zu vergleichen, sich durch Bußzahlung von der drohenden peinlichen Strafe zu lösen. Die Dauer des Asyls war fast immer begrenzt; es gab Fristen von 3 Tagen, von 6 Wochen und 3 Tagen und von Jahr und Tag. Zuweilen richteten sich Flüchtlinge auf dem Kirchhof – wenn auch noch so primitiv – häuslich ein, und setzten sich auf längere Zeit über die Asylfrist hinweg. Um die Ausnutzung des Asylrechts einzuschränken, verfügten die ®Landfrieden die Herausgabe zumindest der unehrlichen Missetäter, namentlich aus weltl. Freistätten. (Unter "unehrlichen" Missetaten sind Raub, Mord und Brand zu verstehen, da ihnen der Makel der Heimlichkeit, der Heimtücke anhaftete, im Gegensatz etwa zu offenem Totschlag im Affekt.) In den sma. Weistümern und Stadtrechten verlor das Asylrecht weiter an Raum.