Kanon

Aus Mittelalter-Lexikon
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Kanon (grch. eigtl. = [Rohr]stab, später Richtschnur, Regel; für ein bestimmtes Fachgebiet verbindliche Regel). Im MA. hatte das Wort mehrere Bedeutungen:
1.) Liste der kirchlicherseits als verbindlich erklärten biblischen Schriften des AT und NT;
2.) Rechtsartikel im ®kanonischen Recht seit dem 12. Jh.;
3.) kirchl. Rechtsvorschriften, die früher als das ®Decretum Gratiani (1140) entstanden sind und aus Konzilsbeschlüssen hervorgingen (im Gegensatz zu den päpstl. Dekretalen). In der Alten Kirche entstanden mehrere Kanones-Sammlungen; eine der wichtigsten war das "Breviarium Hipponense" (393-97), das von Augustinus zusammengestellt worden war;
4.) kirchenamtliches Heiligenverzeichnis;
5.) textlich festgelegtes Hochgebet zur Eucharistie.
6.) Mehrstimmige Singweise, bei der sich Kunstmusik und volkstümliches Musizieren verbinden. Charakteristischerweise setzen die Stimmen in bestimmten Abständen nacheinander ein und singen oder spielen die gleiche Melodie. In der Notation erscheint i.A. nur die erste Stimme. Beispiel: der Kanon "Sumer is icumen in/Sing cucu" (England, um 1260).