Lichtmetaphysik

Aus Mittelalter-Lexikon
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Lichtmetaphysik. Die Lehre des neuplatonischen Mystikers Plotin (205 – 270), dass Gott der Urquell des Lichtes sei und dass alle sichtbaren Dinge ihre Existenz der „Ausstrahlung“ (Emanation) des Gotteslichtes in den wesenlosen Stoff (hyle) hinein verdankten, wurde von Dionysius Areopagita (Pseudo-Dionysius) mit dem christlichen Glauben verbunden. Alle sichtbaren Dinge sind demnach „materielle Lichter“, zum Dasein gebracht durch Gott, den Vater des Lichts (pater luminum, vera lux). Noch im niedersten geschaffenen Ding leuchtet ein Abglanz der Essenz Gottes. Analog der von oben herabflutenden Emanation göttlichen Lichtes kann sich die menschliche Seele, indem sie durch die rechte Wahrnehmung der Dinge erleuchtet wird, aufwärts bewegen zu der Ursache des Leuchtens, zu Gott. Die Texte des Dionys – der mit dem hl. Dionysius, dem Apostel Galliens, gleichgesetzt wurde – gelangten im 9. Jh. in die Abtei St. Denis (bei Paris), wo sie von Johannes Scotus Eriugena übersetzt und kommentiert wurden. Viele christliche Denker des MA. haben sich mit dem Gegenstand beschäftigt, so Abt Suger von St. Denis, Hugo von St. Victor, Robert Grosseteste oder Bonaventura. Eng mit den Gedanken der Lichtmetaphysik verbunden waren ma. Theorien über Schönheit, Farben, Edelsteine und über die Gestaltung von Kultgebäuden – besonders der got. Kathedralen.
(s. Ästhetik, Bonaventura, Licht, Lichtsymbolik)