Lochamer Liederbuch

Aus Mittelalter-Lexikon
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Lochamer Liederbuch. Sammelhandschrift von deutschsprachigen Liebes- und Tanzliedern, zusammengetragen von einem Frater Jodocus aus Winßheim (in dem Augustinerkloster zu Windsheim/Mittelfranken hat in der Zeit von 1450 – 60 ein Ordensgeistlicher namens Jodocus Epel gelebt.) Das Büchlein wurde 1452/53 zusammengestellt und mit Nachträgen und Kommentaren von ca. elf anderen Schreibern bis 1460 fortgeführt. Die Benennung geschah nach seinem späteren Besitzer, dem Nürnberger Patrizier Wolflin von Lochamer. Die Sammlung gelangte auf ungeklärten Wegen über Wernigerode nach Berlin, wo sie sich im Besitz der Berliner Staatsbibliothek befindet. Sie gilt als Hauptquelle des bürgerl. dt. Liedes der 1. Hälfte des 15. Jh. und enthält 42 weltl. und 3 geistl. dt. Lieder, von denen 9 mehrstimmig gesetzt sind. Gefühlsausbrüche der Schreiber oder Benutzer der Handschrift fanden Niederschlag in liebevollen Kommentaren wie „Allzeit Dein“, „Dir verbunden“ oder in Flüchen wie „O Elend! Dass Dich der Teufel schände!“, „Lüge! Nichts als Lüge!“ oder „Fahr an den Galgen, Du Strohsack!“ Das Wesen der Lieder wandelt sich von Zärtlichkeit und Zuneigung der ersten Lieder zu Grobianismus und Unflätigkeit der Lieder am Ende der Sammlung. In einem Anhang findet sich das „Fundamentum organisandi Magistri Conradi Paumanns Ceci [des Blinden] de Nürenberga Anno 52“, ein musiktheoretisch bedeutungsvolles Traktat des blinden Nürnberger Komponisten und Organisten ®Konrad Paumann. Viele der Lieder wurden von Paumann und seinen Schülern mehrstimmig für Orgel gesetzt.