Rabenvögel
Rabenvögel (ahd. hraban, mhd. raben, rabe, rab, rappe, rap; lat. corvus; wiss. Corvus corax/Kolkrabe – größter der Rabenvögel; der dt. Name ist lautmalerisch nach dem krächzenden Geschrei des Vogels gebildet). Artenreiche Familie (zu der u.a. Krähen, Dohlen, Elstern, Häher gehören), wird aufgrund des hochentwickelten Stimmorgans (Syrinx) den Singvögeln zugerechnet. Im MA. wegen seiner Farb-, Gestalt- und Stimmähnlichkeit meist mit den Krähen (mhd. kra, krawe, kreie; lat. cornix; wiss. z.B. Corvus fragilegus/Saatkrähe) in Eins gesetzt. (Der Rabe wurde im Volksglauben auch für den Mann der Krähe gehalten.) Trotz (oder wegen) seiner großen Intelligenz wurde der seidenschwarze Vogel nie zum Haustier gemacht. Er galt schon im Altertum als Unglücksvogel, wohl weil er sich gern von Aas nährte und massenweise auf dem Schlachtfeld einfiel, um die Kadaver der Gefallenen anzufressen. - Im MA. war es üblich, Gehenkte am Galgen verfaulen zu lassen, was die aasfressenden Raben folgerichtig zu „Galgenvögeln“ machte. Die gemauerte Bühne, auf der weithin sichtbar der Galgen aufgerichtet war, trug den bezeichnenden Namen "Rabenstein".
Von Noah war – wegen seiner Findigkeit noch vor den Tauben – ein Rabe von der Arche aufgelassen worden, um Land zu suchen. (Er war aber nicht zurückgekomen, weil er sich an den auf dem Wasser treibenden Kadavern gütlich tat und die Rückkehr versäumte; Noah verfluchte den Vogel deshalb, worauf dieser schwarz wurde.) Wie Noah sollen Wikinger bei ihren Seereisen Raben als Landfinder mitgenommen haben.
Der Prophet Elia (9. Jh. v. u. Z.) war in seinem einsamen Versteck durch einen von Gott gesandten Raben mit Brot und Fleisch versorgt worden und hatte so überleben können. Auch den Bischof Erasmus von Antiochien (3./4.Jh. u. Z.) und den Eremiten Paulus von Theben (3./4. Jh. u. Z.), beide heiliggesprochen, hatte viele Jahre lang in ihrem jeweiligen Höhlenversteck ein Rabe mit Brot versorgt.
In der german. Mythologie wird Wodan von den zwei wissenden Raben Hugin (Gedanke) und Munin (Erinnerung) begleitet, die auf seinen Schultern sitzend ihm Nachrichten zuraunten.
Im Christentum wurde der Vogel wegen seiner Bedeutung in der heidnischen Mythologie dämonisiert und sein Wesen negativ umgedeutet zum Teufels-, Spuk-, Aas- und Leichentier.
Im Physiologus ist die Krähe als einehig dargestellt: beim Tod des Partners bleibt der/die Überlebende allein.
Im ma. Aberglauben traten Dämonen und Hexen in Rabengestalt auf oder wurden von Raben begleitet. Auch das Wilde Heer wurde von Rabenscharen begleitet und die Seelen schlechter Mensachen spukten in Rabengestalt. Als Orakeltier war sein Angang, je nachdem er von rechts oder links geschah, von günstiger oder ungünstiger Bedeutung. Schreiende Rabenschwärme kündeten von bevorstehendem Unheil (Seuchen, Kriege, Feuersbrunst, Teuerung usf.).
Die ma. Volksmedizin kannte viele Arzneien mit Zutaten vom Rabenkörper, von Rabeneiern oder -mist. Rabenblut beispielsweise verhalf zu schwarzen Haaren und heilte Fallsüchtige; Rabengalle behob angehexte Impotenz und Schwerhörigkeit und Rabenhirn vertrieb Kopfschmerzen.
Ein Rabe erscheint selten attributiv, so bei den Heiligen Benedikt und Oswald.
In der Heraldik zeigen sich Raben als Wappentiere in Geschlechter- und Stadtwappen.
(s. Dohle (®Kohle), Elster)