Saliterer

Aus Mittelalter-Lexikon
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saliterer (mhd., = Salpeterer, Salpetersieder, -gräber, -kratzer, -sammler; v. mhd. saliter, salniter = Salpeter; zu lat. sal nitrum = Salpeter, Felsen-, Steinsalz). Das Natriumsalz der Salpetersäure (Natriumnitrat), das meist mit anderen Salzen vergesellschaftet auftritt, war einer der Ausgangstoffe bei der Herstellung von ®Schießpulver und als solcher islam. und christl. Wissenschaftlern seit etwa 1230 bekannt. Mit wachsendem Bedarf, der mit teuren Importen aus dem Nahen Osten nicht mehr gedeckt werden konnte, entstand ein eigener Berufsstand, der der Saliterer, der davon lebte, die weißen oder hellgrauen Salpeterausblühungen von den Mauern von Brau- und Färberhäusern sowie die salpeterhaltige Erde unter den Böden von Wohnhäusern und Viehställen (besonders von Pferde- und Schafställen) zu sammeln und durch Auswaschen und Sieden in ein Konzentrat zu überführen. Dieses wurde mit Holzasche versetzt (deren Kalium das vorherrschende Natriumnitrat NaNO3 in das als Schießpulverbestandteil wirksame Kaliumnitrat KNO3 umwandelte), durch weiteres Erhitzen eingedickt, durch Sieben und Filtrieren von Verunreinigungen befreit, zur kristallinen Form getrocknet und zu Pulver vermahlen.
Jedermann hatte den obrigkeitlich geförderten Salpetersammlern (mhd. salpeter, v. lat. sal petrosum oder sal petrae = Felsensalz) Zutritt zu Haus, Gehöft oder Werkstatt zu gewähren. Da beim Abkratzen der Steine und Mauern häufig Schäden entstanden, die nicht oder nur unzureichend vergütet wurden, stand die Bevölkerung den Saliterern feindselig gegenüber. Der Feuergefährlichkeit des Transportgutes wegen mussten die Salpetersammler ihre Karren mit einer schwarzen Fahne kenntlich machen. Wie intensiv die Salpetersuche betrieben wurde, erhellt aus einem Gesetz, demzufolge zur Salpetergewinnung zwar der Boden der Stube herausgerissen werden durfte, der Standort des Esstisches jedoch auszunehmen war.
Außer dem auf die beschriebene Weise gewonnen Salpeter wurde im MA auch Salpeter aus natürlichen Lagerstätten verarbeitet; diese lagen außer im Nahen Osten in Ungarn, Galizien, Spanien und im südlichen Russland.
Ende des 14. Jh. kamen das "Salpeter-Grubenverfahren" (s. Salpetergrube) und ®Salpetergärten auf, bei welchen die Salpetersieder Harn, Jauche und blutige Schlachtabwässer in Erdgruben bzw. Erdhaufen mit Heideplaggen, lockerer Erde und Rückständen früherer Grubenfüllungen (wegen der darin enthaltenen nitrifizierenden Mikroorganismen) versetzten und nach ein bis zwei Jahren den Grubeninhalt als "Salpetererde" abstachen, der in vielen aufwändigen Arbeitsschritten ausgelaugt und vermahlen werden konnte. Aus einem Kubikmeter "Salpetererde" sollen ca. 13 kg Kaliumsalpeter-Pulver gewonnen worden sein.