Seelbuch

Aus Mittelalter-Lexikon
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Seelbuch (Nekrologium, Obituarium [= Totenbuch, Totenrolle, Totenrodel], Liber anniversariorum, Liber memorialis = Seelenmessenregister). Von einer Pfarrei oder einem Konvent nach Art eines Kalendariums geführtes Verzeichnis der an bestimmten Tagen gestorbenen Gemeindemitglieder, Ordens- und Bruderschaftsangehörigen, Stifter, Fürsten, Könige und Päpste. Nach der Ordnung derartiger Seelbücher hielt man Gedenktage, Seelenmessen oder letztwillig verfügte liturgische Feiern. Bei der einfachsten Form des Seelengedenkens gedachte der zelebrierende Priester kumulativ aller im Seelbuch Aufgezeichneter, hochrangige Persönlichkeiten (Mitglieder des eigenen Konvents, besondere Wohltäter) wurden Gott namentlich anempfohlen. Die letztere Form galt selbstverständlich als die wirksamere.
Der Legende nach geht die Anlage eines Seelbuchs auf den Visionsbericht des Reichenauer Mönches Wetti zurück. Dieser war in einem Traumgesicht von einem Engel durch das Fegfeuer geführt worden, und hatte darin zu seinem Entsetzen unter anderen Büßern seinen früheren Abt gesehen. Der Engel begründete die Pein des Abtes damit, dass man auf der Reichenau nicht genügend für ihn bete. Noch im gleichen Jahr 824 wurden in einem Totenbuch, das bis heute erhalten ist, die ersten Eintragungen gemacht.
Für Historiker stellen Nekrologe eine ergiebige Quelle dar für Lebensdaten vieler Personen, für Stiftungen, Rechtsverhältnisse usw. Beispiel: der 1121 durch Bischof Otto angelegte Nekrolog des Klosters Michelsberg in Bamberg, mit Einträgen zu 2.300 Personen, die „sowohl den Aufbau des Michelsberger Konvents als auch die Beziehungen der Bamberger Mönche zu geistlichen Gemeinschaften und zur Laienwelt“ wiedergeben (Herausgegeben von Johannes Nospickel, Hannover: Hahn, 2004).
(s. Memorbuch)