Stadtgründung
Stadtgründung. Eine Stadtgründung war ein Großunternehmen und setzte eine potente Gründerpersönlichkeit oder -institution voraus. Dementsprechend fungierten als Städtegründer Könige, Angehörige des hohen Adels, Bischöfe und Orden. Mit der Durchführung wurden zumeist Angehörige des niederen Adels betraut (s. Lokator). Diese ermittelten zunächst die vorteilhafteste Lage (Nähe zu Handelswegen, zu einem Fließgewässer und zu nutzbarem Wald); sie ließen den Grunderwerb und die Fluraufteilung administrativ erledigen, sowie das Vermessen und Abstecken (mensurare et limitare, opus geometricalis) durch Feldmesser (agrimensores, geometres, mensores) oder durch Befestigungsspezialisten vornehmen. Für Rodungs- und Befestigungsarbeiten wurde vom Gerichtsherren die anwohnende Landbevölkerung bzw. die zur Niederlassung angeworbenen Siedler aufgeboten. Die Errichtung der Stadthäuser besorgten die nach und nach zuziehenden Einwohner in Nachbarschaftshilfe mit Unterstützung von professionellen Zimmerleuten und Maurern. Nicht selten brachte ein Zuzügler sein Haus, das schon anderswo gestanden hatte, in Teile zerlegt mit, um es wieder aufzurichten. Ob der Anlage einer Stadt ein zuvor gezeichneter Plan zugrunde lag, ist nicht bekannt, ebensowenig, bis in welchen Details der ursprüngliche Plan die Anlage reglementierte. Was die Stadtform anbelangt, so lassen sich je nach Landschaft charakteristische Gruppierungen nachweisen; beispielsweise wurde im Süden des Reichs während der Stauferzeit vom Elsaß über die Schweiz bis nach Tirol und Südböhmen der langgezogene Straßenmarkt bevorzugt. Im Norden und in den Gebieten der ®Ostkolonisation war dagegen der Platzmarkt vorherrschend.
In der Zeit von etwa 1150 bis 1350 hat es eine regelrechte Hochzeit der Stadtegründungen in Mittel und Osteuropa gegeben. Am Endes des MA. bestanden im Deutschen Reich ca. 4.000 Städte, die jedoch überwiegend weniger als 2.000 Einwohner hatten; nur in 25 deutschen Städten lebten mehr als 10.000 Einwohner.
(s. Bauvermessung, Geometrie, Lokator)