Stadtrechtsfamilien
Stadtrechtsfamilien. In Städten einer Region galt gleiches oder engverwandtes Stadtrecht, das – sofern es als vorbildlich angesehen wurde – auch in weit entfernte, meist jüngere Städte übertragen werden konnte. Das erwählte Recht wurde häufig vom rechtsuchenden Rat an dessen spezifische Bedürfnisse angepasst. Durch derartige Weitergabe von Stadtrecht (Bewidmung) entstanden "Stadtrechtsfamilien". In Zweifelsfragen hatten die "Mutterstädte" für ihre "Tochterstädte" die Funktion eines ®Oberhofs. Das Kölner Stadtrecht (aus dem 11. Jh.) galt in den westfälischen Städten sowie in Soest, Freiburg, Hamburg und Lübeck. Von dort wurde es wiederum an andere Städte weitervermittelt, so wurden von Freiburg aus viele oberrheinische und Schweizer Städte bewidmet, von Lübeck übernahmen die meisten mecklenburgischen, pommerschen und preußischen Städte ihr Recht (so galt das ius Lubicense z.B. in Rostock, Wismar, Kiel, Stralsund, Elbing, Reval, Greifswald, Kolberg und ca. 100 anderen Städten). Das Magdeburger Stadtrecht (von 1233) gilt als das am weitesten verbreitete Stadtrecht des MA. Es erlangte Geltung in den Städten des östl. Reichsgebietes einschließlich Böhmens und Mährens, darüberhinaus in Städten Polens, Ungarns und Rußlands. Selbst Budapest hatte Magdeburger Recht angenommen. Vom Magdeburger Recht zweigten andere Stadtrechtsfamilien ab, so z.B. das Recht der Stadt Brandenburg, das Breslauer Recht und das Kulmer Recht (im Ordensland Preußen). Das Recht von Speyer wurde von Annweiler und Heilbronn übernommen, das Dortmunder Recht von Wesel und anderen westfälischen Städten, das Nürnberger Recht war im Böhmischen verbreitet (und mit geringfügigen Änderungen als Egerer und Prager Recht weitergegeben), viele dänische Städte folgten dem Recht von Schleswig, das Stadtrecht von Ofen wurde zahlreichen Städten in Ungarn verliehen – um nur einige Beispiele für die Ausbreitung von Stadtrechten zu nennen. Bedeutende Rechtsfamilien entstanden ferner nach den Rechten von Braunschweig, Soest, Lüneburg, Münster, Aachen, Frankfurt a. M. und Wien.
(s. Oberhof)