Antipoden
Antipoden (lat. antipedes = Gegenfüßler). Den Gelehrten des MA. waren Berichte von ®Wundervölkern vertraut, deren eines – das der äthiopischen Antipedes – auf nach hinten gekehrten Füßen ging. Heftig diskutiert wurde, ob diese Wesen Abkömmlinge Adams und Evas und somit menschlicher Natur wären. Andere Gelehrte, so etwa der irische Missionar ®Virgil, verstanden unter Antipoden gemäß antiker Lehren menschliche Wesen, die auf der Unterseite der Erdkugel auf einer Terra australis incognita lebten. Diese Meinung wurde von der Kirche angefeindet, da sie mit der augustinischen Auslegung der Genesis (über die Besiedlung der Erde nach der Sintflut) nicht in Einklang stand; hiernach lebten die Nachkommen Noahs auf den drei bekannten Kontinenten, waren auf einem vierten Kontinent – sollte er denn existieren – undenkbar. Außerdem machte ihre Annahme den jesuanischen Auftrag "Gehet hin und lehret alle Völker" sinnwidrig, da Völker des Südkontinents wegen der übergroßen Hitze der Äquatorialzone als grundsätzlich nicht erreichbar galten. In Leuten, "die gegen uns gehen", sah man Produkte häretischer Irrlehren und solchen entzog man buchstäblich den Boden, indem man die Erde zur Scheibe erklärte, deren Oberseite allein Schauplatz der Schöpfung war.
Auf einer Weltkarte von 1086 ist ein Antipode als übergroße einbeinige Figur mit riesigem Fuß abgebildet und wie folgt beschrieben: "Es wird gesagt, dass sinnlose sciopodes dort leben, wunderbar wegen ihrer Einbeinigkeit und ihrer Schnelligkeit, welche die Griechen deshalb sciopodes nennen, weil sie in der Gluthitze rücklings auf der Erde liegend von großen Füßen beschattet werden." (Zit. nach Frank Meier).
Nicht alle Vertreter der Antipodentheorie konnten sich vom Häresievorwurf befreien wie noch Virgil im 8. Jh.; der Paduanische Mediziner Petrus von Abano und der Bologneser Astronom Cecco da Ascoli wurden 1316 bzw. 1327 wegen ihres Eintretens für eben diese Theorie von der Inquisition ins Feuer geschickt.
(s. Erde, Kugelgestalt der)