Dämonen

Aus Mittelalter-Lexikon
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Dämonen (lat. daemon, grch. daimon = göttliches Wesen, Geist). Für die Griechen war Daimon zunächst eine das Schicksal zuteilende Gottheit. Bei Homer hießen die olympischen Götter Daimones, seit Hesiod verstand man Daimones als eine Zwischenstufe zwischen Göttern und Heroen. Böse Dämonen (Kakodaimones [i.Ggs. zu Agathodaimones]) wurden im antiken Volksglauben als Urheber von Krankheiten angesehen. Im ma. Dämonenglauben vermengten sich heidnische und christliche Glaubensinhalte zu dem nicht klar definierten Bild von Geistwesen, die zum Satan standen wie die Engel zu Gott. Nach Augustinus besaßen Dämonen einen Luftkörper, konnten in den Menschen eindringen, ihn besessen machen oder Trugbilder vorgaukeln; „alle Krankheiten der Christen [seien] den Dämonen zuzuschreiben“ („De civitate Dei“; „De divinatione daemonum“). Dämonen galten als „Agenten des Satans“ (Papst Eugen IV.), die in Körpern von Menschen (zumeist Frauen), Tieren (häufig Ziegen, Katzen, Hunden, Schlangen, Kröten, Fledermäusen) und Mischwesen (s. Ungeheuer, Zwischenwesen) wohnten, um mit perverser Lust Christenmenschen zu verführen, zu schädigen oder, weniger häufig, um einem Adepten zu Willen zu sein. Von Thomas von Aquin stammt die Feststellung: „Es ist ein Glaubensgrundsatz, dass Dämonen Winde, Stürme und vom Himmel fallende Feuerregen erzeugen können“. Hexen und Zauberer bezogen ihre Macht aus einem Bündnis mit Dämonen oder deren oberstem Herrn, „Seiner höllischen Majestät“. Ausgiebig wird die Dämonologie im ®Hexenhammer behandelt; Dämonen seien „unreine Geister, ... , die Feinde des Menschengeschlechts ...; begierig zu schaden, immer auf neuen Trug bedacht; sie verändern die Sinne, erforschen die Triebe, stören die Wachenden, schrecken die Schlafenden durch Träume, erregen Stürme, ..., verlangen von den Hexern göttliche Verehrung“ usw. Ende des 15. Jh. fasste Johannes Trithemius, der gelehrte Abt von Sponheim, die wissenschaftliche Dämonologie seiner Zeit in dem „Buch von den acht Fragen“ zusammen. Danach waren zu unterscheiden:
1.) Das Dämonengeschlecht Igneum (feurige Teufel, in der obersten Luft hausend, kommen erst zum Endgericht auf die Erde).
2.) Das Dämonengeschlecht Aerum (böse, Stürme, Donner und Blitz erregende Luftgeister).
3.) Die irdischen Teufel (hausen in Wälder, Höhlen, dunklen Winkeln, gerne nahe bei Menschen).
4.) Das Geschlecht Aquaticum (üble Wassergeister in Tümpeln, Seen und Meeren; ertränken Menschen, versenken Schiffe).
5.) Das Geschlecht Subterraneum (hüten unterirdische Schätze, schaden den Bergleuten).
6.) Das Geschlecht Lucifugum (lichtscheue, nachtaktive Schreckdämonen).
Dem Kampf gegen die allgegenwärtigen Dämonen dienten Bittgebete und Glockengeläut sowie Praktiken der Abwehr (s. Amulett, apotropäische Bauplastik) und der Austreibung (s. Besessene, Exorzismus, Hexenprozess). Der Aufklärung über Fragen des Dämonismus dienten Werke wie die schon genannten des Augustinus (354-430), die Missionierungsanleitung „De correctione rusticorum“ des Martin von Bracara (M. v. Braga; um 515 – 919), das „De casu diaboli“ des Anselm von Canterbury (1033-1109), das „Wirken der Dämonen“ des byzantin. Mönchs Michael Psellos (um 1018 – vor 1081) oder die Bulle „Super illius specula“ von Papst Johannes XXII. (1326/1327).
Der bildlichen Darstellung grauenerregender Dämonen etwa in der Kathedralplastik kann neben dem apotropäischen Zweck auch die Absicht zugrundegelegen haben, der beschützenden, heilverheißenden Sphäre innerhalb der Kirche die bedrohliche, chaotische Geisterwelt kontrastierend gegenüberzustellen.
(s. apotropäische Bauplastik)