Dachdeckung

Aus Mittelalter-Lexikon
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Dachdeckung (mhd. dachunge; lat. tectum). Zum Schutz gegen Regen und Schnee, gegen Kälte und teilweise auch gegen Feuer diente als oberer Gebäudeabschluss die Dachdeckung (Dachhaut).
Weichdächer: Bis ins SMA. wurden im ländlichen wie im städtischen Haus Stroh (langhalmiges Roggenstroh) und ®Reet (Ried, Teichschilfrohr) als besonders günstiges Deckungsmaterial benutzt. Es bot guten Feuchtigkeits- und Wärmeschutz und kam wegen seines geringen Gewichts mit einer relativ leichten Unterkonstruktion aus. Für Stroh- und Reetdeckung sind nur Steildächer geeignet, die den raschen Ablauf des Regenwassers gewährleisten. Das Rohr oder das Stroh wurde bündelweise (Halmenden nach oben, Schnittflächen nach unten) mit Haselstecken und Weidenruten auf der Lattung des Sparrendaches festgebunden, wobei ein Bündel über drei Latten reichen sollte. Mit einem Klopf- oder Treibbrett werden die Halme in die Bindung getrieben. Den First sicherte man durch mit Holzpflöcken befestigte Grassoden oder Heideplacken, auch durch quer darübergebundene Strohbündel, die von Holzreitern gehalten wurden; die Firstenden durch Firsthölzer oder eine Schindeleinfassung.
Schindel- (v. lat. scindula, zu scindere = spalten) und Bretterbeschlag kamen häufiger in waldreichen Bergregionen vor. Die Dachneigung sollte möglichst steil sein (wenigstens 45°), damit das Regenwasser möglichst schnell abfließen und das Holz wieder trocknen konnte. (Außer zur Dachdeckung verwendete man Holzschindeln auch zum Schutz der Außenwände an der Wetterseite.) Der Dachabschluss an den Giebelseiten wurde durch Windbretter gesichert, lange, etwa 10 cm breite Bretter, welche die äußeren ®Schindeln auf der ganzen Länge des Ortgangs säumen. Flachgeneigte Schindeldächer, wie man sie in schneereichen Bergregionen findet, wurden wegen der Gefahr des Windabwurfs mit Steinen beschwert, die man mit querliegenden Rundhölzern gegen das Abrutschen sicherte. Schindeldächer aus Fichtenholz hatten eine Lebensdauer von 30 – 50 Jahren, solche aus Lärchenholz hatten noch längeren Bestand. Aufgrund ihrer geringen Wärmeleitfähigkeit hielten Schindeldächer den Dachboden im Winter relativ warm und im Sommer angenehm kühl. Flache Schindeldächer wurden gegen Windabwurf durch querliegende Rundhölzer gesichert, die mit Steinbrocken beschwert waren.
Hartdächer: Bei Ziegeldächern kannte man das "Mönch-und-Nonne-Dach" (auch "Priependach"; gedeckt mit Hohlziegeln von annähernd halbkreisförmigem Querschnitt, die – ineinandergreifend – abwechselnd mit der konvexen oder mit der konkaven Seite nach oben verlegt werden) und flache Biberschwanzziegel (in Hessen und Teilen Süddeutschlands) sowie Hohlziegel mit S-förmigem Querschnitt (s. Dachziegel). Nachteile der Ziegeldeckung waren - abgesehen von den hohen Gestehungskosten - das größere Gewicht und die dadurch bedingte aufwenigere Dachkonstruktion und Lattung, die größere Belastung der tragenden Wände sowie die geringere Dichtigkeit der Dachhaut.
Von Natursteinen fanden Schiefer (Rheinisches Schiefergebirge mit Hunsrück und Taunus,ferner Eifel, Sauerland, Harz, Franken- und Thüringerwald, Erzgebirge), Sandstein (Wesersandsteinplatten im Oberwesergebiet) und Kalkstein (Kalksteinplatten im Altmühlgebiet und in Mainfranken) Verwendung. - Die aus dem Steinbruch gelieferten Schieferplatten mussten zunächst ihrer Größe nach sortiert und gegf. auf der Haubrücke mit dem Schieferhammer zurechtgehauen werden. Bei der "deutschen Deckung" wurden annähernd trapezoide Schieferplatten in einem fischschuppenähnlichen Verband ("Altdeutsche Deckung") in schräg nach rechts aufsteigenden Reihen („Gebinden“) auf eine Bretterschalung aufgenagelt, wobei man wegen ihrer Rostbeständigkeit Kupfernägel bevorzugte. Bei der "wilden Deckung" waren die Platten ungleichmäßig behauen. Sand- und Kalksteinplatten-Deckungen hatten ihres großen Gewichts wegen starke Mauern und einen stabilen Dachstuhl zur Voraussetzung.
Metalle (Blei-, Kupfer- und Zinnbleche) kamen fast nur bei Deckungen von Kirchendächern vor. Ein Dach aus Kupfer hatten beispielsweise die Stiftskirche St. Simon und Juda in der Pfalz zu Goslar, die Turmhelme des Lübecker Doms und der Bamberger Dom, ein Bleidach die Einhards-Basilika in Seligenstadt, die Dome in Aachen und Köln und der Palas der Wartburg, Zinnbedachung die Kirche Saint-Martin in Tours, Saint-Vicent in Paris war mit vergoldeten Kupferplatten gedeckt. Wie Schieferdächer wurden Metallbedachungen auf einer Holzschalung verlegt. Die wasserdichte Verbindung der Platten untereinander geschah durch Falzen (Stehfalze) oder Verlöten. Aufgrund ihrer Geschmeidigkeit eignen sich Bleiplatten besonders zur Gestaltung komplizierterer Formen, etwa bei den als Laternen ausgeformten Kirchturmspitzen.
Im Burgenbau kamen entflammbare Bedachungsmaterialien wie Stroh, Reet oder Holzschindeln nicht in Betracht. Flache Dächer wurden mit Steinplatten gedeckt, für steile Dachflächen verwendete man Tonziegeln und Schieferplatten, seltener auch Metallblech-Tafeln (Blei, Kupfer).
(s. Dachdecker, Feuerordnung)