Frauen in Handwerk und Handel
Frauen in Handwerk und Handel. In der Fronhofswirtschaft leisteten Frauen neben der Hausarbeit und Kinderaufzucht die leichteren landwirtschaftlichen Arbeiten (Kleinviehhaltung, Weinlese, Milchwirtschaft, Grasmahd, Heuwerbung etc.); ebenso Verrichtungen der Brot-, Malz- und Bierbereitung, der Kerzen-, Seife- und Tonwarenfertigung, der Aufbereitung von Flachs, Hanf und Wolle. (Im Brauwesen waren Frauen - briuwerinne/braxatrices - bis ins SMA. maßgeblich vertreten, sowohl im häuslichen wie im klösterlichen und gewerblichen Bereich.) Textilarbeiten (opera textilia) vom Spinnen bis zum Kleidernähen wurden im FMA. fast ausschließlich von Frauen erbracht. An den Fronhöfen bestanden dafür eigene Frauenarbeitshäuser (s. genecium). In anderen Handwerksberufen arbeiteten Frauen im ganzen MA. an der Seite ihrer Männer, zunehmend aber auch als Selbständige. Mit dem Aufkommen städtischer Gemeinden, des Stadtbürgertums und arbeitsteiligen Wirtschaftens ergaben sich für Frauen neue rechtliche, soziale und wirtschaftliche Möglichkeiten. Frauen aus den ländlichen und städtischen Unterschichten arbeiteten als Mägde oder Hilfsarbeiterinnen in handwerklichen Betrieben (s. Gesinde). Bürgerinnen konnten mehr oder minder partnerschaftlich im Gewerbe ihres Ehemannes arbeiten oder ein Handwerk frei ausüben, einer Zunft angehören oder eigene Zünfte gründen. Von der zu den zünftigen Pflichten gehörende Wehrbereitschaft konnten Frauen durch Stellung eines Vertreters oder durch Geldzahlung befreit werden.
In Frankfurter Urkunden aus der Zeit zwischen 1350 und 1460 finden sich u.a. die folgenden Frauenhandwerke: Bändlerin, Bettebereiterin, Besenmacherin, Beutelmacherin, Bortenwirkerin, Flickschneiderin, Hosenstrickerin, Hudelstrickerin (Hudel = Hadern), Hutmacherin, Kämmerin, Kerzenmacherin, Korbmacherin, Kürschnerin, Leinenweberin, Mantelmacherin, Mattenmacherin, Näherin, Radspinnerin, Schleierwäscherin, Schneiderin, Schnurmacherin, Spinnerin, Spulerin, Tuchschererin, Wäscherin, Weberin, Wirkerin. Andernorts gab es auch Ärztinnen, Bleicherinnen, Bürstenbinderinnen, Garnmacherinnen, Goldspinnerinnen, Fingerhuterinnen, Filzerinnen, Goldschlägerinnen, Gürtlerinnen, Paternostermacherinnen (Paternoster = ältere Bez. für Rosenkranz), Lohgerberinnen, Nadlerinnen, Seidenspinnerinnen, Schleierwirkerinnen, Stickerinnen, Wollverpackerinnen u.a.m. Selbständige Bäckermeisterinnen scheint es nicht gegeben zu haben, jedoch haben Frauen den Verkauf von Backwaren besorgt und auch die Hauptarbeit in Lebkuchen-, Pasteten- und Kuchenbäckereien besorgt. Im Metzgergewerbe waren Frauen generell nicht zugelassen, im Fleischverkauf war ihnen allenfalls das Feilbieten von Teilen mindergeachteter Qualtität erlaubt. Nicht unerwähnt soll der Beitrag weiblicher Hilfsarbeiterinnen im Bauwesen bleiben, wie er aus den Lohnlisten ma. Großbaustellen hervorgeht.
Im sma. Stadtbürgertum bewährten sich Frauen auf Gebieten, die ein hohes intellektuelles Niveau voraussetzten. So waren sie als Verlegerinnen in der Textilproduktion tätig, ebenso in Zins- und anderen Geldgeschäften, im Bank- und Geldwechselgeschäft und in diversen Unternehmungen des Groß- und Detailhandels. Als Fernhändlerinnen hielten sie Schiffsbeteiligungen, so etwa in Lübeck, von wo sie Frachten bis nach Schweden schickten.
Abseits von Handwerk und Handel spielten Frauen eine bedeutende Rolle im Schank- und Herbergswesen, ebenso in der sozialen Betreuung und medizinischen Versorgung und auch in städt. Diensten (als Schreiberin, vereidigte Taxatorin, Maklerin, Zöllnerin usf.).
Doch bei allem wirtschaftlichen Erfolg hatten Frauen keinen Zugang zu Ämtern des Rates und sie blieben in Rechtsgeschäften männlicher Vormundschaft unterworfen. Diese rigide Beschränkung wurde erst Ende des MA. aufgeweicht, als Frauen immer größere juristische Handlungsfähigkeit erlangten und von männlicher Vormundschaft (munt) befreit wurden.
(s. Frauenzünfte, Hilfsarbeiter, Hökerin)