Käse
Käse (mhd. kaese, ahd. kasi; v. lat. caseus; lat. auch formaticum v. caseus formatus oder lac concretum). Fett und Eiweiß der Milch (Kuh-, Ziegen-, Schafmilch) wurden im Süden Europas schon seit alters durch die Technik der Form-Käserei haltbar gemacht. Die erforderliche Dicklegung der Käsereimilch erfolgte durch Zusatz von Labferment (s. Lab) aus Kälber- bzw. Hasenmagen (Süßmilchkäse) oder von Sauerampfer (Sauermilchkäse). Daneben verließ man sich auf die spontane Eindickung, von der man heute weiß, dass sie durch ubiquitär vorkommende Milchsäurebakterien bewirkt wird. Unterschiedliche Techniken beim Eindicken, Würzen, Beizen und Reifen ergaben unterschiedliche Sorten von Hartkäse, wie er außer in den Alpenländern (z.B. Emmentaler) in den Niederlanden (z.B. Edamer; 11. Jh.), in Frankreich (z.B. Roquefort; 11. Jh.) in England (z.B. Chester; 12. Jh.) und dem europäischen Süden hergestellt wurde.
In den außeralpinen Ländern des Regnum Teutonicum und in den slawischen Ostländern kannte man Hartkäse bis zum Ende des MA. nur als Importware, die bodenständige Käserei beruhte auf dem Quark (Frisch-, Sauermilchkäse; caseus recens). Zur Quarkherstellung ließ man Milch einfach im Warmen stehen, bis die aus der Umluft eingefallenen Milchsäurebakterien darin einen Säuregrad gebildet hatten, bei dem sich Quark und Molke schieden. Der Quark wurde in einem Tuch aufgehängt, um die restliche Molke abtropfen zu lassen, und ging in Weichkäse über, der gesalzen und gewürzt verzehrt wurde und sich nicht zur Lagerung eignete.
Die Hartkäseherstellung war wesentlich aufwendiger; die nicht entrahmte Milch wurde in Kupferkesseln erwärmt, danach dickgelegt und unter stetigem Rühren warm gehalten. Die sich absetzende Käsemasse musste intensiv geknetet werden, danach wurde sie in Holzformen unter dem Gewicht von Steinen von der restlichen Flüssigkeit befreit. Es folgten Trocknen und monatelange Reifung der Käselaibe auf Regalbrettern in kühlen Kellern (bei Raumtemperaturen von 16 - 19°), meist unter wiederholtem Wenden, Abwaschen und Einsalzen.
Hartkäse (caseus vetus) spielte eine Rolle in der Abgabenwirtschaft, war als Nahrungsmittel bis zum 12. Jh. von untergeordneter Bedeutung und auf die Oberschichten beschränkt. Eine gewisse Bedeutung hatte Hartkäse für Reisende und Pilger, war er doch haltbar und spendete Kraft (500 gr Käse ~ 2.000 Kal).
Käse sollte zwischen den Gängen einer Mahlzeit genossen werden. Gemäß ihrer Eigenschaften (qualitates) unterschied man den als feucht/kalt eingestuften Frischkäse und den als trocken/warm geltenden Hartkäse.
Käse unterlag seiner animalischen Herkunft wegen dem fastenzeitlichen Speiseverbot.
Unter den Esswaren, die in der Fastenzeit verboten waren und die am Osterfest geweiht wurden, findet sich neben Fleisch und Eiern auch Käse.
Der Kirchenvater Augustinus behauptet, dass in Italien gewisse Wirtinnen ihre Gäste in Lasttiere verwandelten, indem sie ihnen Käse zu essen gaben. - Im ma. Aberglauben wurde Käse für ein Medium zur Ausübung von Schadenzauber gehalten. - Es hatte sich auch der Nachhall eines alten Gottesurteils erhalten: ein Dieb galt als überführt, wenn er einen gesegneten Käsebissen nicht zu schlucken vermochte (Bissenprobe, Käseordal).
In der Volksmedizin verwandte man Käse als Mittel gegen Unfruchtbarkeit, zur Abtreibung eines Bandwurms u.a.m.
Hildegard von Bingen erachtete Käse als ungesund, und verbot, Epileptikern Käse zu essen zu geben, "weil Käse für diese Kranken ein Gift ist.".
(s. Almwirtschaft, Butter, Laktizinien, Milch)