Nürnberg

Aus Mittelalter-Lexikon
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Nürnberg. Am Fuße der salischen Reichsburg Nuorenberc (= steinerner Berg) über der mittelfränk. Pegnitz entstand um 1040 eine Siedlung von Burgdienstleuten, Handwerkern und Kaufleuten, die erstmals 1050 urkundlich erwähnt ist ("Sigena-Urkunde" Kaiser Heinrichs III.). Noch unter Heinrich wurde sie 1062 Sitz einer Reichsmünzstätte und bekam das Marktrecht der älteren Nachbarsiedlung Fürth übertragen. Grundlage für den raschen Aufstieg als Handelszentrum war die Lage am Kreuzungspunkt von Handelswegen nach Frankfurt, nach Prag und Krakau, nach Augsburg, Leipzig, Hamburg und Venedig. Seit 1173/74 hatte Nürnberg einen Schultheißen, seit 1200 das Stadtrecht. Unter Kaiser Friedrich II. wurde die Oberstadt um die Sebalduskirche im "Großen Freiheitsbrief" zur Freien Reichsstadt erhoben, bekam wichtige Zoll- und Steuerprivilegien (1219) und durfte sich mit einer Mauer umwehren. 1240 gründete Konrad III. jenseits der Pegnitz eine zweite Stadt mit der St. Lorenzkirche als Mittelpunkt, die als reine Handwerkerstadt konzipiert und von Anfang an ummauert war. Um 1250 vereinigten sich beide Städte, nach 1320 wurde Nürnberg durch einen gemeinsamen Mauerring umwehrt. Zwischen 1350 und 1450 entstand eine neue Ummauerung, die mit ca. 5 km Länge, doppelter Mauer, Tortürmen, Zwingern, Graben und 120 Mauertürmen eine der gewaltigsten Stadtbefestigungen Europas war.
In der "Goldenen Bulle" Kaiser Karls IV. (1356) wurde verbindlich festgelegt, dass jeder neu gewählte König seinen ersten Reichstag in Nürnberg abzuhalten habe. Karl IV. bezeichnete Nürnberg als „die fürnehmste und baß (= besser, best) gelegenste Stadt des Reiches“, hatte ihren Bürgern und den Hohenzollernschen Burggrafen anlässlich seiner Kaiserkrönung (1355) je 14 Urkunden gewidmet und gewährte den Nürnbergern im Laufe der Zeit viele Handelspriviliegien. Für seine Wertschätzung spricht die Tatsache, dass er 59-mal in ihren Mauern weilte. - 1424 ließ Kaiser Sigismund die Reichskleinodien (s. Kronschatz) "für ewige Zeiten" nach Nürnberg bringen (von wo sie 1796 vor den heranziehenden Franzosen nach Wien in Sicherheit gebracht wurden). Nürnberg führte stets eine betont kaiserfreundliche Politik und wurde daher zum bevorzugten Ort für Hof- und Fürstentage. Zwischen 1050 und 1571 weilten 32 deutsche Herrscher auf der Burg und in der Stadt.
Die schwäb. ®Hohenzollern, die seit 1191 die Stadt als Burggrafen bevogtet hatten, begründeten hier die fränk. Linie der Dynastie, erwarben Ansbach und Bayreuth, stiegen 1363 in den Reichsfürstenstand auf und wurden 1415/17 Markgrafen von Brandenburg. Nachdem sie ihre Macht als Burggrafen schwinden sahen, verkauften sie 1427 die Ruinen ihrer Burg, die 1420 bei einer lokalen Fehde ausgebrannt war, an den Nürnberger Rat, der von da an den Schutz der Kaiserveste übernahm.
Während des Niedergangs der staufischen Macht um 1250 konnte der Nürnberger Rat an Selbständigkeit gewinnen. Das Ratsgremium war von Angehörigen des Stadtadels und der Kaufmannschaft dominiert, Handwerkern blieb ein direktes Mitbestimmungsrecht verwehrt. Ein Versuch der Handwerker, sich durch Gewalt Mitsprache im Rat zu verschaffen (1348/49), wurde niedergeschlagen und hatte das Verbot der Nürnberger Zünfte zur Folge. 1350 wurde die oligarchische Verfassungder Stadt festgeschrieben (und sollte bis 1794 Bestand haben). Zur gleichen Zeit (1349) kam es infolge eines Edikts Kaiser Karls IV., der Erlass von Judenschulden bei Vertreibung der Nürnberger Juden verfügte, zu einem Massaker an der jüdischen Gemeinde, dem 562 Männer, Frauen und Kinder zum Opfer fielen (s. Judenpogrom). Anstelle des Judenviertels entstanden zwei Märkte; die Synagoge wurde abgebrochen und an ihrer Stelle die Frauenkirche errichtet.
Im 15. Jh. entwickelte sich Nürnberg zu einem der wichtigsten Handels- und Handwerkszentren Europas, wurde zu einem Anziehungspunkt für Künstler, Wissenschaftler und Gelehrte und Heimstatt mächtiger Patriziergeschlechter (Tucher, Pirkhaimer, Holzschuher). 1424 erhob Kaiser Sigismund den Nürnberger Jahrmarkt zu einer Reichsmesse, der sog. Heiltumsmesse. Diese blieb jedoch in der Bedeutung hinter den Frankfurter Reichsmessen zurück.
Wahrzeichen der Stadt ist das Ensemble der östl. Burggrafenburg (mit dem "Fünfeckturm", der "Kaiserstallung und dem Turm "Luginsland") und der 1136 von Konrad von Hohenstaufen gegründeten westl. Pfalz oder Kaiserveste (mit Sinwellturm, Heidenturm und Doppelkapelle), die Anfang des 15. Jh. in das System der Stadtbefestigungen einbezogen und bis ins 16. Jh. aus- und umgebaut wurde.
Die Altstadt wird durch die Pegnitz in zwei Hälften geteilt, deren älterer, nach seiner Hauptkirche St. Sebald (um 1225 - 1379) "Sebalderstadt" genannter Teil zur Burg hin ansteigt, und mit der südl. "Lorenzerstadt" (nach St. Lorenz; erb. 1250 - 1477) durch mehrere Brücken verbunden ist.
Beispiele erhaltener und restaurierter ma. Bauten der Stadt: der 220 m lange und ca. 50 m breite Burgenkomplex, bestehend aus der salischen Kaiserburg (Mitte 11. Jh.), der Burggrafenburg (Ende 12. Jh.) und der reichsstädtischen Burg (1377 und 1494/95); die Sebalduskirche (spötroman. bis spätgot. Bauteile, Hallenchor, Sebaldusgrab); die Lorenzkirche (großartige Rosette in der Westfassade, Sakramentshaus von Adam Krafft, spätgotischer Hallenchor, weltberühmte Kunstschätze); das Heilig-Geist-Spital (1331 - 39, teilweise über die Pegnitz gebaut); der gotische Saal des Rathauses (1332-40, mit 39 x 12 m der größte profane Saal nördl. der Alpen); die Jakobskirche (an der Stelle einer Kapelle errichtet um 1330/40, Erweiterung des Langhauses 1500); die got. Frauenkirche (1350 -61, älteste Hallenkirche Frankens, gestiftet von Karl IV. als "kaiserliche Kapelle"); die Klarakirche (13. – 15. Jh., ehem. Klosterkirche); die Marthakirche (geweiht 1385, ehem. Spitalkirche); der „Weißer Turm“ (um 1300, Teil der vorletzten Stadtbefestigung); Trockengraben, Mauern, Tore, Türme und Zwinger des letzten Befestigungsrings (14./15. Jh.); der "Schöne Brunnen" (um 1390 von Heinrich Beheim im Auftrag Karls IV. erbaut); das turmartige Nassauer Haus (12./13. Jh.); das Albrecht-Dürer-Haus (1455).
(s. Karl IV. von Luxemburg; Schönbartlaufen; Sebaldus, Heiliger)