Policraticus

Aus Mittelalter-Lexikon
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Policraticus ist der kryptische Name einer einflussreichen politik-wissenschaftlichen Schrift des englischen Philosophen ® Johannes von Salisbury (1156-59). In dieser ersten umfassenden Staatslehre des MA. (Untertitel: "Von den eitlen Beschäftigungen der Höflinge und den Lehren der Philosophen") entwickelt der Autor Gedanken über Zweck, Struktur und Funktionsweise des Gemeinwesens. Gott habe den Staat als hierarchisch gegliederten Organismus geschaffen, dessen höchste Stelle - diejenige der Seele - die Geistlichkeit einnehme. Das Haupt werde durch die Fürsten repräsentiert. Als tragendes Fundament dient der Stand der Bauern, dargestellt durch die Füße; er schuldet den höheren Ständen Gehorsam, wofür diese ihm den nötigen Lebensunterhalt zu gewährleisten haben. Die Beamtenschaft hat eine Funktion ähnlich derjenigen der Schuhe, welche die Füße schützen, um dem Wohl des ganzen Organismus zu dienen. Johannes geißelt die verkommenen Beamten an geistlichen und weltlichen Höfen: sie vergäßen über ihren Vergnügungen den Dienst am Gemeinwohl, wie er ihnen aus der sittlichen Ordnung zukäme.
Johannes von Salisbury äußert in "Policraticus" erstmals eine Rechtfertigung für Tyrannenmord als ultima ratio, um die verletzte Ordnung wieder herzustellen.
(s. Gesellschaftsordnung)