Viten

Aus Mittelalter-Lexikon
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Viten (von lat. vita = Leben, Lebensbeschreibung). Ma. Viten sind – abgesehen von einigen panegyrischen Fürstenbiographien – überwiegend erbauliche Lebensbeschreibungen frommer Männer und Frauen (Apostel, Märtyrer, Heilige) von äußerst geringem Wahrheitsgehalt. Ihre Faszination lag wohl in der märchenhaften Anhäufung von Mirakeln, die als Bestimmungsmerkmal der viten anzusehen ist. Von ®Legenden und ®Gesten sind sie nicht eindeutig abzugrenzen. ®Biographien weltl. und geistl. Herrscher, wie sie etwa von 1000 an häufiger erscheinen, unterscheiden sich durch größere historische Zuverlässigkeit und psychologisches Einfühlungsvermögen.
Beispiele aus dem FMA.: Die Lebensbeschreibung der Missionare Korbinian und Emmeram (Arbeo v. Freising, um 765/83); die vita des Abtes Cuthbert von Lindisfarne (Beda Venerabilis, um 700); Leben des hl. Bonifatius (Willibald, vor 787); Leben des hl. Willibrord (Alkuin, vor 804); Vita Karls d. Gr. (Einhard, Anfang des 9. Jh.); Neufassung von Einhards Karls-Vita, Vita Ludwigs des Frommen, Vita Sti. Galli, Vita Otmars von St. Gallen (Walahfrid Strabo, um 808-848); Leben des hl. Remigius (Hinkmar, 878). Im weiteren Verlauf des MA. wuchs die Zahl der Viten derart an, dass kein auch nur gedrängter Überblick zu geben ist. Mit wachsender Zahl ging das literarische Niveau zurück. Auch schrumpfte die universalhistorische Dimension, da jeweils das Leben des Dargestellten allein, vom geschichtlichen Zusammenhang losgelöst, geschildert wurde. Als Beispiele seien herausgehoben: die Legenden und Mirakelgeschichten des ®Caesarius von Heisterbach und des ®Rudolf von Schlettstadt, die "Legenda aurea" des ®Jacobus a Voragine und die landessprachlichen Ritterbiographien von Heinrich von Veldeke, Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach und anderer.