Fabel
Fabel (mhd. fabele, v. lat. fabula = Erzählung). Didaktisch-reflexive Zweckdichtung, in der zumeist Tiere den Menschen verkörpern und seine Verhaltensweisen persiflieren. Die kurze, in Lyrik oder Prosa gestaltete Erzählung endet mit einer Schlusspointe in einer religiösen, moralischen oder praktischen Belehrung. Die Äsopischen Fabeln (entst. 6. Jh. v.u.Z.) waren in lat. Vers- und Prosaform aufs MA. gekommen, wurden in ganz Europa als lehrhafte Schullektüre benutzt und bildeten den Kern der volkssprachlichen Fabelliteratur. Die ma. Fabel galt nicht als selbständige Literaturgattung, sie wurde vielmehr der ®Bispel zugeordnet. Fabeln wurden häufig auch in Predigten eingeflochten, ma. Predigtsammlungen, wie etwa die des Cäsarius von Heisterbach (13. Jh.), enthalten moralisierende Tiergeschichten. Neben der religiösen hatten die Fabeln auch eine weltliche Dimension, indem sie mehr oder minder versteckte Kritik an den Zeitumständen - etwa an Geldgier und Machthunger der Fürsten - übten.
Wichtigste Fabelsammlung des MA. war der sog. ®"Anonymus Neveleti" (12. Jh.). Vertreter dt. Fabeldichtung des MA. waren: Der ®Stricker (1. Hälfte 13. Jh.); ®Heinrich von Mügeln (um 1320 - um 1370); ®Ulrich Boner (1324 - 49); ®Ulrich von Pottenstein (um 1360 - 1416/17); ®Steinhöwel, Heinrich (1412-1482).