Gebet
Gebet (mhd. gebet, gebete; ahd. gibet; lat. precatio). Die Wurzel des Wortes geht zurück auf Bitten und bedeutet das Vorbringen eines Bittgesuchs an ein höheres Wesen, sei es Gott oder eine/r seiner Heiligen. Gebete werden auch im Sinn eines Gelöbnisses, der Verehrung, des Dankes, der Klage oder auch als formelhafte rituelle Äußerung zur Hebung der religiösen Gestimmtheit gesprochen, geflüstert, gesungen oder auch ohne Lautäußerung, einzeln oder gemeinschaftlich vorgebracht. Der Form nach kann der Gebetstext sowohl frei und intuitiv als auch vorformuliert und traditionell sein. Als Gebetssprache überwog bei Klerikern Latein, bei Laien die jeweilige Volkssprache. Der besseren Merkbarkeit waren - besonders bei Kindern und Laien - Gebete in Reimform beliebt.
Im MA. gebräuchliche Gebete entstammten – sofern sie nicht spontaner oder liturgischer Natur waren – teils dem Psalter, teils den Stundenbüchern. Der Psalter ist eine Sammlung hebräischer religiöser Lieder, die im frühen MA. in die Volkssprachen übertragen wurden. Das Stundenbuch (s. Brevier), das im 12. Jh. entstand, enthält Gebete für bestimmte Tageszeiten, die von regulierten Klerikern (Mönchen, Kapitelherren) gemeinsam, von Weltpriestern oder Laien privat gesprochen wurden. Das Klerikerbrevier war in Latein, das Laienbrevier in der Volkssprache geschrieben. Jedes Gebet, auch jede Predigt, wird mit der bestätigenden Formel "Amen" (hebr., = "wahrlich", "so sei es") beschlossen. (Daher die RW "sicher wie das Amen im Gebet" bzw "... in der Kirche" oder "... in der Predigt").
Für lange Gebetsreihungen, wie sie als Ausdruck besonderer Frömmigkeit oder nach dem Motto "Viel hilft viel" praktiziert wurden, nutzte man als Gedächtnisstütze auf einer Schnur aufgefädelte Kügelchen, den sog. ®Rosenkranz.
Außer auf die Erhörung des gesprochenen Gebetes vertraute man auch auf die Wirksamkeit von auf Zetteln geschriebenen bzw. gedruckten und als Amulett bei sich getragenen Gebetsformeln (s. Jenseitsbriefe).
Als besonders wirksam galten gesungene Gebete; angeblich von Augustinus stammt der Satz "singen ist doppelt beten".
Eng verwandt mit dem Gebet sind abergläubische ®Zaubersprüche und ®Beschwörungsformeln, sowie die Praktiken des "Gesund-", "Krank-" oder "Totbetens".
(s. Benediktregel, Gebetläuten, Gebetsbruderschaften s. Bruderschaften, Glaubensbekenntnis, Pater noster, Psalm)