Husten

Aus Mittelalter-Lexikon
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Husten (mhd. huoste, kiche; lat. tussis). Husten ist nach heutigem Verständnis keine Krankheit sondern das Symptom einer Erkrankung oder einer Reizung der Atemwege; so z.B. von virusbedingter Bronchitis, Lungenentzündung, von Keuchhusten oder Lungentuberkulose bzw. von durch Einatmung von Staub oder Rauch bedingter Reizung. Auch eine Brustfellentzündung, eine Kreislauf- oder psychische Erkrankung kann Ursache für Husten sein. Im MA. dagegen wurde Husten durchwegs als selbständige Krankheit begriffen, und als Folge einer Unterkühlung (Erkältung) des Körpers, einer übermäßigen Produktion von Phlegma oder einer trockenen Qualität der Säfte angesehen.
Ein Hustenstoß kann willkürlich oder unwillkürlich (reflektorisch) zustandekommen, kann trocken oder mit Auswurf (Schleim, Exsudat, Fremdkörper) verbunden sein, akut oder chronisch auftreten. Die Therapie zielte auf Unterdrückung oder Auswurf der schädlichen Säfte.
Das Lorscher Arzneibuch (8. Jh.) empfiehlt als Mittel gegen Husten und zur „Reinigung der Lungengeschwüre“ (d.h. zur Förderung des Auswurfs) u. a. ein mit Honig gesüßtes Dekokt von Mehl aus Bockshornkleesamen.
Dem Salernitaner Arzt Matthäus Platearius (12. Jh.) zufolge hat Husten Ursachen in „Kälte, Trockenheit, Feuchtigkeit. Die Trockenheit bewirkt Derbheit und Ungleichmäßigkeit (der Atemwege), und daher kommt ungleichmäßiger Anprall der Atemluft und Husten“. - Hildegard von Bingen konstatiert: „Weil faulige Materie um die Lunge herumliegt, wirft so ein Mensch viel und fauliges Phlegma aus. Andernfalls würde er bald zugrunde gehen, weil diese Krankheit gefährlich ist“.
Bereits Plinius und Dioskurides kannten die hustenstillende unmd expektorierende Wirkung von Balsamum Terebinthinae (Terpentinöl, gewonnen aus dem frischen, aus den Stämmen verletzter Nadelbäume - v.a. der Kiefern und Lärchen - austretenden Balsam, einem Gemisch von Harz und ätherischem Öl. Die daraus durch Erhitzen gewonnene zähflüssige Substanz enthält ätherische Öle und wird als Terpentinöl bezeichnet.)
Die ma. Heilkunde kannte eine Vielzahl von pflanzlichen Hustenmitteln, wavon nur einige wenige genannt werden sollen. Der fma. Kräuterspezialist Wahlafrid Strabo empfiehlt Rettich (ravanus) gegen Husten. – Die folgenden und viele weitere Empfehlungen stammen aus dem „Macer Floridus“ (um 1000): Die Nessel (urticaria) „hilft verstocktem Husten ab ... sie treibt die Kälte aus der Lunge und und die Windblähung aus dem Bauch“; gesottener Knoblauch (allium) „tut dem Husten gut und stillt das Keuchen“; Raute (ruta) „stillt den Husten, sobald man sie trinkt“, desgleichen eine Abkochung von Eppich (apium); Saft von Lauch (porrum) „mit Weibermilch vermischt ... soll altverstockten heilen“; Salbeisaft (salvia) „mit lauem Wein bezähmt altverstockten Husten“.
Es darf angenommen werden, dass die ma. Medizin den Husten außer mit pflanzlichen Arzneien auch mit animalischen Präparaten (z.B. Hundefett) sowie durch Anwendungen wie Brust- und Halswickel, Inhalationen, Schwitzbäder, Einreibungen (auf Brust und Rücken) oder Aderlass bekämpfte. Frischluft wurde vom Volk eher als schädlich erachtet.
Höfischen Tischsitten gemäß unterdrückte man Niesen oder Husten nicht, wandte sich dabei jedoch vom Tisch ab.
Die RW „jemandem etwas husten“ geht darauf zurück, dass demonstratives Anhusten im MA. als Zeichen der Verachtung und Zurückweisung galt.
(s. Asthma, Keuchhusten, Lungenentzündung, Staublunge, Süßholz, Thymian, Tuberkulose, Virusgrippe)