Konzilien des Mittelalters
Zu den Konzilien des Mittelalters zählen entsprechend dem Zeitrahmen dieses Lexikons die ökumenischen Konzilien 7. (Nicaea II., 787) bis 17. (Basel/Ferrara/Florenz, 1431 - 1443). In Folgendem eine kurze Darstellung der behandelten Fragen.
7. Konzil
Nicaea (II.), 787. Einberufen von der byzantin. Kaisermutter Irene. Zur Beilegung des Bilderstreites wurde festgelegt, dass "Anbetung" (= latreia) alleine Gott zusteht, "Verehrung" (= proskynesis) aber auch Geschöpfen erwiesen werden kann, wie sie durch Ikonen repräsentiert werden. ("Wer ein Bild verehrt, ehrt damit den Gemalten".) Karl der Große war nicht zu dem Konzil geladen worden, was er als persönliche Zurücksetzung empfinden musste. Seine Argumentation gegen die nikäanischen Beschlüsse auf der Synode zu Frankfurt (794) beruhte allerdings auf einer durch mangelhafte Griechischkenntnisse bedingten Fehlinterpretation: das griechische Wort für lat. "adoratio", das sowohl „Anbetung" wie "Verehrung" bedeuten kann, war lediglich mit "Anbetung" übersetzt worden. Die feine Unterscheidung in der griechische Sprache ging dabei verloren (s. Libri Carolini)
8. Konzil
Konstantinopel (IV.), 869/870. Auf einem Irrtum beruhte die auf diesem Konzil bekräftigte Absetzung und Verbannung des byzantinischen Patriarchen Photios. (Dieser war, entgegen der Ansicht des Papstes, völlig legal gewählt worden. Seine Gegner hatten ihn jedoch bei Papst Nikolaus I. als Usurpator verleumdet.) Dem Kaiser von Byzanz gegenüber, der den Konzilsentscheid ablehnte, betonte Nikolaus brüsk den Primat Roms in kirchlichen Angelegenheiten ("Prima sedes non iudicabitur a quoquam").
9. Konzil
Lateran (I.), 1123, erste Universalsynode im Abendland, abgehalten zur feierliche Verkündung des Wormser Konkordats (1122), mit dem der Investiturstreit beigelegt worden war. Es fasste Beschlüsse gegen Simonie und Priesterehe, über Gottesfrieden (treuga Dei) und die Rechte und Pflichten von Kreuzfahrern.
10. Konzil
Lateran (II.), 1139. Das im April 1139 gefeierte Konzil sollte die Unstimmigkeiten beseitigen, die sich aus dem Schisma nach dem Tod des Papstes Honorius II. (1130) ergeben hatten. Die Anhänger des Gegenpapstes Anaklet II. wurden (nachdem dieser gestorben war und sein Nachfolger sich unterworfen hatte) mit Bann und Absetzung belegt. Die von ihnen erteilten Weihen erklärte das Konzil für nichtig. Darüberhinaus wurde eine Reihe von Reformdekreten erlassen.
Konzil von Tours (1163)
Das Konzil von Tours, 1163, das von Papst Alexander III. einberufen worden war, wird nicht unter die ökumenischen gezählt. Es fällte u. a. das Urteil "Ecclesia abhorret a sanguine" (die Kirche schreckt vor Blut zurück), welches von großer Bedeutung für die Entwicklung der Heilkunde und die Wissenschaft von der ®Anatomie haben sollte; untersagte es doch studierten Ärzten die chirurgische Tätigkeit sowie die Sektion am menschlichen Körper. Außerdem wurden die ®Katharer zu Ketzern erklärt.
11. Konzil
Lateran (III.), 1179. Am 5. März 1179 traten im Lateran 300 Bischöfe aus ganz Europa und den Kreuzfahrerstaaten zusammen, um Papst Alexander III. als einzigen rechtmäßigen Papst zu bestätigen (nachdem die kaiserl. Gegenpäpste Victor IV., Paschalis III. und Calixtus III. gestorben waren und Innozenz III. sich unterworfen hatte.) Zur Papstwahl wurde eine Zweidrittelmehrheit vorgeschrieben, außerdem wurde die Wahl dem Kardinalskollegium vorbehalten. Die Einrichtung von Domschulen wird zur Pflicht gemacht. Geldleihe gegen Zinsen wurde verboten.
12. Konzil
Lateran (IV.), 1215. Die größte Synode des Mittelaters Wurde am 1. November 1215 von Innozenz III. im Lateran eröffnet: 2000 Kirchenführer und weltliche Herrscher nahmen teil, darunter 70 Erzbischöfe, 400 Bischöfe und etwa 800 Äbte. Das erste Anliegen der Synode, die Rückkehr der Ostkirche zur röm. Kirche, scheiterte am Fernbleiben der Griechen. Beschlüsse gegen die Ketzerei der Albigenser (Einführung der Inquisition) und zur Diskriminierung der Juden (Verbot von Grundbesitz, von gesellschaftlichem Verkehr mit Christen, Einführung diskriminierender Kleiderordnungen). Zur Förderung eines geplanten Kreuzzuges sollten alle anderen Streitigkeiten beigelegt werden, um die Kräfte besser auf die Hilfe für das Hl. Land konzentrieren zu können. Es wurde die Einführung einer dreijährigen Kreuzzugssteuer beschlossen und den Bischöfen die Pflicht auferlegt, den Kreuzzug predigen zu lassen und die Fürsten zu einer vierjährigen Friedenspflicht zu bewegen. Außerdem wurde entgegen der Lehre des Berengar von Tours die Transsubstantiation (Wesensverwandlung) bei der Eucharistie postuliert (s. Abendmahl). Die Approbation neuer Regeln für Mönchs/Nonnenorden wurde abgelehnt, neue Orden sollten eine der traditionellen Mönchsregeln (Benediktus-, Augustinus-Regel) annehmen. Die Gläubigen wurden dazu verpflichtet, alljährlich zu Ostern zu beichten und die Hl. Kommunion zu empfangen.
13. Konzil
Lyon (I.), 1245. Die erste Hauptsitzung des Konzils fand am 28. Juni 1245 in der Kathedrale von Lyon unter dem Vorsitz von Innozenz IV. statt. Unter den 150 anwesenden Bischöfen befanden sich nur wenige aus dem Reich. Der Papst verkündete das Konzilsprogramm, dessen wesentliche Punkte das Verhältnis zu Kaiser Friedrich II., die Not des Hl. Landes, das Schisma der Griechen und die Mongolengefahr waren. In der zweiten Sitzung am 5. 7. wurden die Anklagen gegen den Kaiser vorgetragen, in der dritten Sitzung am 17.7. wurde der Kaiser aller Ehren und Würden verlustig erklärt, seine Untertanen damit ihrer Treuepflicht entbunden. Der Streit zwischen Papst und Kaiser war damit in aller Schärfe entbrannt.
14. Konzil
Lyon (II.), 1274. Unter den etwa 500 teilnehmenden Bischöfen befanden auch Bonaventura und Albertus Magnus. Auf diesem Konzil kam eine Einigung zwischen Papst Gregor X. und dem oström. Kaiser Michael VIII. Paläologus über die Wiedervereinigung der Kirchen zustande, die allerdings ohne Bestand blieb. Zur Befreiung des Hl. Landes wurde ein sechsjähriger Zehnt auf alle Kircheneinkünfte beschlossen. Für die ®Papstwahl wurde das ®Konklave verbindlich vorgeschrieben. Die Lehre vom ®Fegfeuer und der Siebenzahl der ®Sakramente wurde festgeschrieben.
15. Konzil
Vienne, 1311/1312. Wichtigstes Anliegen war die Beilegung des Rechtsstreites um den Templerorden. Ohne ausreichende Schuldbeweise verfügte Clemens V. gegen die mehrheitliche Meinung der Konzilsväter, dem Verlangen König Philipps von Frankreich nachgebend, die Aufhebung des Ordens und die Einziehung des immensen Ordensvermögens (dessen Großteil Philipp widerrechtlich an sich brachte).
In der Bulle "Ad nostrum" wurde festgestellt, dass unter den Beginen besonders in Deutschland eine Form der Ketzerei umginge, die auf den Lehren der Margareta Porete beruhe.
16. Konzil
Konstanz, 1414-1418. Das Konzil wurde von König Sigismund anberaumt, um das Schisma (die "verruchte Dreiheit") zu beenden - causa unionis -, Irrlehren zu überwinden - causa fidei - und um die Kirche "an Haupt und Gliedern" zu reformieren - causa reformationis. Bei der Eröffnungssitzung am 16. Dezember 1414 unter dem Vorsitz von Johannes XXIII. waren nur 16 Kardinäle und 32 Bischöfe anwesend. Später kamen noch Gesandte der beiden anderen Päpste (Gregor XII. und Benedikt XIII.) und viele weitere Teilnehmer dazu, bis das Konzil zum "größten mittelalterlichen Kongress des Abendlandes" wurde, an dem außer einem Papst und dem Kaiser alle Kurfürsten, 153 Fürsten, 132 Grafen, über 700 Freiherrn und Ritter, 4 Patriarchen, 29 Kardinäle, 47 Erzbischöfe, 160 Bischöfe, über 200 Äbte sowie zahlreiche Kleriker und Rechtsgelehrte teilnahmen. Die an zur Papstwahl berechtigten Teilnehmer gehörten fünf nationes an, es waren Italiener, Deutsche, Franzosen, Engländer und Spanier. Dazu kamen während der Dauer des Konzils Delegationen von Kiew bis Upsala, und von Lissabon bis Konstantinopel. - Bis Anfang 1415 hatte sich der Gedanke eines Amtsverzichts aller drei Päpste durchgesetzt. Johannes XXIII. musste im Mai 1415 nach einem Fluchtversuch verhaftet und zur Abdankung gezwungen werden. Gregor XII. verzichtete am 4. Juli 1415 freiwillig auf das Amt. Der Prozess gegen Benedikt konnte erst am 26. Juli 1417 mit dessen Absetzung beendet werden. Das Konzilskonklave wählte am 11. November 1417 den röm. Kardinal Colonna zum neuen Papst Martin V. Was die Irrlehren (Causa fidei) anbetraf, so wurden John Wyclif, Hieronymus von Prag und ®Johann Hus verurteilt. Hus wurde trotz eines kaiserl. Geleitbriefs an die weltl. Macht ausgeliefert, und noch vor seinem ebenfalls als Ketzer verurteilten Freund Hieronymus verbrannt. Zur Kirchenreform (Causa reformationis) wurden keine wirksamen Beschlüsse gefasst.
17. Konzil
Basel, 1431-1449. Kurz vor seinem Tod berief Papst Martin V. das Basler Konzil, das von seinem Nachfolger Eugen IV. am 23. Juli 1431 eröffnet wurde. Als Eugen die vom Konzil vorgeschlagenen Einschränkungen der päpstl. Macht (s. Konziliarismus) nicht anerkennen wollte, erklärten ihn die Konzilsteilnehmer für abgesetzt und wählten an seiner Stelle Herzog Amadeus VIII. von Savoyen als Felix V. (5. 11. 1439). Damit war das Schisma von neuem ausgebrochen, doch konnten sich Felix und sein Anhang nicht durchsetzen, Felix wurde durch Martins Nachfolger, Nikolaus V., zum Verzicht bewegt.
Das bedeutungslos gewordene Basler Konzil schloss sich in seiner letzten Sitzung der Wahl Nikolaus' V. an und löste sich am 25. April 1449 selbst auf. Das Schisma war endgültig behoben, die Autorität des Papsttums gefestigt. Die konziliaren Bestrebungen waren abgewehrt worden, wirkten jedoch weiter und sollten von grundlegender Bedeutung für die Reformation werden.