Schuster
Schuster (mhd. schuster, schuoster, schuochmacher, -man, -richter, -würhte, schuochsutaere, aus schuoch = Schuh und suter von lat. sutor = Näher, mlat. calciator, calcearius, calcifex; ahd. schuochwürchte = Schuhwirker). Es ist nicht mehr auszumachen, wann das uralte Schusterhandwerk zünftig wurde. Die ältesten Urkunden, in denen eine Schusterzunft erwähnt wird, stammen aus Magdeburg (1157) und Bremen (1274). Schuhmacher waren bis ins 14. Jh. auch für die Lederherstellung zuständig und deshalb häufig mit anderen lederherstellenden und -verarbeitenden Handwerken in einer Zunft vereinigt. Danach ging die Tendenz dahin, nur mehr den Eigenbedarf an Leder herzustellen; in der ersten Hälfte des 15. Jh. trennte sich die Schusterzunft generell von jener der Gerber. Mit wachsender Spezialisierung der Berufe bildeten sich auch innerhalb der Schusterzunft neue Kasten. Man unterschied zwischen Neu- und Altschustern. Zu Ersteren gehörten der "schwarze Schuhmacher" (sutor i.e.S.; mlat. calcifex, calciparius, alutifex, allutarius, mhd. rintsuter; zuständig für gewöhnliches Alltagszeug), der Korduwaner (mhd. kurdewaener, cordwainer, mlat. corduanus, alutarius; Modeschuster für
Luxusschuhwerk aus buntem Ziegen- und Schafleder [s. korduwan], etwa die spitzen Schnabelschuhe) und der Lersener (verfertigte lederne Beinkleider [die Lersen, Ledersen], im 14. Jahrh. kurz und weit, später lang und eng, mit dicht stehenden Hefteln geschlossen).
Die weniger geachteten Altschuster (mhd. alt-büezer, schuoch-büezer, alt-riuze; Altflicker, Altmacher, Altlepper, Flickschuster, Schuhplätzer) machten Schuhreparaturen bzw. kauften altes Schuhwerk auf, um es nach Erneuerung wieder zu verkaufen. Ambulante Hausschuster zogen mit ihrem Handwerkszeug von Hof zu Hof; sie reparierten altes Schuhwerk, fertigten gelegentlich auch ein Paar neue Schuhe an. (1397 entschied das Nürnberger Stadtgericht dahin, dass Altbüßer keine neuen Schuhe mehr herstellen oder verkaufen durften, wogegen Neumeistern verboten sei, Schuhe aus Altteilen zu fertigen und gebrauchte Schuhe zu verkaufen. Auch dürften Neumeister ausschließlich Schuhe reparieren, die sie selbst gemacht hatten.)
Das Schusterhandwerk wurde zu einem der zahlenmäßig stärksten Gewerbe. Die Lehrzeit betrug 3 bis 4 Jahre. Lehrjungen verrichteten Flickarbeit und trugen Schuhe aus. Dreijährige Gesellenwanderung war üblich; nach einer Mutzeit bei einem, höchstens zwei Meistern wurde der Geselle zum Meisterstück zugelassen. Material, Werkzeug und Arbeitsweise der ma. Schuster blieben unverändert bis ins 18. Jh. Als charakteristisches Werkzeug erscheint auf zeitgenössischen Darstellungen häufig das geschweifte Zuschneidemesser, mit welchem die zur Herstellung der Schuhe benötigten Einzelteile – möglichst materialsparend – aus der Lederhaut geschnitten wurden. Daneben gab es Ahlen, verschiedene Messer, Scheren, Raspeln und Hämmer. Ma. Schuhe wurden wendegenäht gearbeitet, d.h. , dass Ober- und Sohlenleder über dem hölzernen Leisten mit der Fleischseite nach außen zusammengenäht und anschließend gewendet wurden, sodass nun die wasserabstoßende Narbenseite nach außen wies. Die Nahtlöcher wurden mit der Ahle vorgestochen. Als Nähmaterial diente pech- oder wachsgetränkter Hanfzwirn („Pechdraht“). Zum Fixieren des Leders auf dem Leisten benutzte der Schuhmacher Schusterzwecken (zu mhd. zwec = Nagel; auch: Schuhpinnen) aus Heinbuchen-Holz, die beim Einhämmern am oberen Ende breitgeklopft wurden. Der verwendete Hammer hatte an der Schlagfläche eine runde Vertiefung.
Schutzpatrone der Schuhmacher waren die Heiligen Crispinus und Crispinianus. Dieses christliche Brüderpaar aus Rom missionierte in Frankreich, wobei ihm das Schusterhandwerk als Tarnung diente. Die Legende berichtet von Entdeckung, Verurteilung durch Kaiser Maximian (287), Martyrium und Überführung der Leichname nach Soissons, wo ihnen zu Ehren eine Kirche erbaut wurde. Armreliquien der Beiden werden in Osnabrück verehrt. Ihr Gedenktag ist der 25. Oktober.
(s. Holzschuhmacher, Schuhe, Schusterkugel)