Spitäler

Aus Mittelalter-Lexikon
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Spitäler (v. mhd. spital, spittel; v. mlat. cella hospitum, hospitium, hospitale = Gastzimmer). Unter dem Begriff verstand man im MA. Einrichtungen mit breit gefächertem caritativem Aufgabenbereich. Sie dienten als Fremdenherbergen oder Waisenhäuser, als Pfründenspitäler zur Versorgung hilfsbedürftiger alter Bürger (s. Altenfürsorge, Armenpflege), als Siechenhäuser oder Elendenherbergen. Hier sollen sie ausschließlich unter dem Aspekt der Alten- und Krankenpflege betrachtet werden, der vom 13. Jh. an – zumindest in den Städten – in den Vordergrund trat. (Wohlhabendere Patienten fanden Pflege im häuslichen, privaten Bereich, wohin ihnen auch der geistliche Beistand des Priesters und die medizinische Fürsorge des Arztes gebracht wurden. Sofern sie sich in die Obhut eines Spitals begeben wollten, übereigneten sie diesem ihr Vermögen und trugen so auch zum Unterhalte der Armenpfründen bei.)
Zufluchtsstätten für arme Kranke fanden sich in den fma. ® Xenodochien und Klosterspitälern. Im grundlegenden Regelwerk des abendländischen Mönchtums, der "Regula Benedicti", hat die Krankenpflege zentrale Bedeutung. Die Krankenpflege galt als höchstes Werk der Caritas. So wurde denn auch in der Klosterplanung jeweils ein Krankensaal (mhd. siechstube; mlat. infirmarium) für den klosterinternen Bedarf vorgesehen. Zur Aufnahme externer Fälle (Reisende, Pilger) gab es ein besonderes Haus, die "Cella hospitum" (auch "hospitium", "hospitale"). Für Arme, Waisen und Findelkinder gab es das "hospitale pauperum". Für Leprakranke waren Isolierhäuser (s. Leprosorien) eingerichtet, für Pockenkranke gab es sog. Blatternhäuser. Führung eines Spitals, Rechte und Pflichten sowohl der Pfleger als auch der Patienten waren durch Vorschriften (Hausordnung) bis ins kleinste geregelt.
Von großer Bedeutung für die praktische Umsetzung der Hospitalidee waren die ritterlichen ®Spital-Orden, die sich während der Kreuzzüge im Heiligen Land die Krankenpflege zur zentralen Aufgabe machten.
Im HMA. entstanden Stiftsspitäler, die, meist einem Kloster angegliedert, von Klerikern geleitet wurden. Sie finanzierten sich aus frommen Zuwendungen (Stiftungen), von denen sich die Spender Förderung ihres Seelenheils erhofften. Die zahlreichen Hl.-Geist-Spitäler wurden von Laienbruderschaften (s. Antoniter) oder Kanonikern versorgt, die nach der Augustinerregel lebten (s. Chorherren vom Hl. Geist).
Die nach Autonomie strebenden Städte und reiche Stadtbürger richteten vom 13. Jh. an weltliche Spitäler ein, die zwar von der Kirche seelsorgerisch betreut wurden, aber nur dem städtischen Rat verpflichtet waren (z.B. Wimpfen und Nördlingen 1233, Lübeck 1227 {1286 vom Klingenberg auf den Koberg verlegt}, Köln 1247, Mainz 1236, Goslar 1254, Rothenburg o.T. 1337, Nürnberg 1339, Dinkelsbühl 1383, Braunau a.Inn 1417, Cues a. d. Mosel 1446). Die Gründung städtischer Hospitäler unter weltlicher Leitung und die Bestallung eigener Seelsorger erregte häufig den Unmut der Kirche, die einen konkurrierenden Eingriff in ihr Monopol auf geistliche Fürsorge sah. - Städtische Spitäler finanzierten sich aus freiwilligen Spenden und testamentarischen Zuwendungen der Bürger und aus dem Ertrag übereigneter Felder oder Weinberge. Motivation für die Stiftungen war die Sorge um das eigene Seelenheil: waren die Pfründner doch verpflichtet, für das Seelenheil ihrer Wohltäter immerwährende Fürbitte zu leisten.
In diesen Bürgerspitälern erhielten die Kranken ursprünglich nur Unterkunft, Pflege und Ernährung, kaum ärztliche Versorgung - eine Heilung blieb der göttlichen Vorsehung überlassen. Erst gegen Ende des MA. wurden Spitalärzte angestellt bzw. Stadtärzte zum Spitalsdienst verpflichtet und Spitalapotheken eingerichtet, kann man die Spitäler als Vorläufer unserer Krankenhäuser betrachten. Sie waren von eher geringer Kapazität, weshalb bei hohem Krankenstand die Betten mehrfach belegt werden mussten. (Das Nürnberger Heiliggeistspital, Stiftung des reichen Bürgers Konrad Groß, erbaut 1331-39, war für 200 Personen ausgelegt; das Hauptspital von Köln hatte 1247 100 Insassen, der Katharinenhof in Hildesheim 1321 30 und das Heilig-Geist-Spital in Zürich Ende des 14. Jh. 130.) Patienten mit ansteckenden oder ekelerregenden Krankheiten wurden in Sondersiechenhäuser verwiesen. Zunehmend zeichneten sich Tendenzen zu therapeutischer Spezialisierung ab; so gab es Spitäler für Gichtkranke, für Wöchnerinnen, für Blinde oder für Geisteskranke. Die Kapazität lag bei durchschnittlich 30 bis 40 Patienten, zu Zeiten von Überbelegung bei mehr als 100 Patienten. Kranke wurden in der Regel noch mehrere Tage über die Genesung hinaus behalten, Wöchnerinnen noch drei Wochen nach der Geburt. Chirurgische Eingriffe wurden in Spitälern erst vom 15. Jh. an vorgenommen.
Baulich waren die Spitäler des HMA. meist Saalbauten mit getrennten Räumen für Männer und Frauen, in welchen die Betten so aufgereiht standen, dass alle Kranken vom Bett aus am Gottesdienst im Altarraum des Saales teilnehmen konnten. In der weiteren Entwicklung löste sich der Altarraum aus dem Krankensaal und trat als eigenständige Kapelle neben den Bettenbau, mit dem er offen verbunden blieb. Bei mehrgeschossigen Anlagen wurden die oberen Stockwerke durch Emporen mit dem Innenraum der Kapelle verbunden. Im Spitalbau gab es offene Kamine, Abwasserkanäle, Beleuchtungs- und Belüftungsanlagen. Die Betten waren häufig durch Vorhänge oder Wandschirme voneinander getrennt, und wurden bei Bedarf auch mit zwei oder drei Kranken belegt.
Abschließend sei bemerkt, dass die beschriebenen Einrichtungen ausschließlich Christen vorbehalten waren, Juden wurden nicht aufgenommen. Für sie bestanden in Städten mit größerem jüdischen Bevölkerungsanteil eigene Hospitäler.
(s. memoria, Mitleid, Pesthäuser, Spital-Orden, Stiftung)