Atmen
Atmen (mhd. atemen; lat. spirare, respirare, spiritum ducere). Die ärztliche Wissenschaft des MA. ging davon aus, dass mit der eingeatmeten Luft fein verteilte Materie (spiritus) in die Lungen und von dort zum Herzen gelange und über die Arterien im Organismus verteilt werde. Die der Durchströmung des Herzens, der Leber und des Gehirns solle eine fortschreitende Verfeinerung des Spiritussubstrates (der „Lebensgeister“) stattfinden. Das Blut steigender Feinheitsgrade verteile sich als „spiritus naturalis“, „spiritus vitalis“ und „spiritus animalis“ über die Gefäße und Nerven im ganzen Körper und übe Funktionen aus wie Ernährung und Wachstum, Regulierung des Wärmehaushalts, motorische Bewegung, Sinnesempfindung und Denken.
Der Atem hat auch biblische Bezüge: Im Schöpfunsbericht wird der menschliche Körper dadurch zum Leben erweckt, dass Gott ihm seinen beseelenden Atem in die Nase einhaucht (Gen. 2,7). Christus behaucht in der Osternacht seine Jünger mit den Worten "empfanget den Heiligen Geist!" (Joh. 20,22).
Im Aberglauben kann der Atem sowohl positiv als auch negativ besetzt sein. Er gilt als Lebenshauch (pneuma) und hat als solcher Heilkraft: man bläst Schmerzen oder Krankheiten weg. Von Drachen oder Hexen ausgestoßen hat er tödliche Wirkung, bläst einem das Lebenslicht aus. Der ®Alp drückt dem Schläfer derart den Atem ab, dass er zu ersticken meint. Mit dem letzten Atemzug hauchen wir unser Leben aus.
(s. Gähnen, Galenus,Hirn, Husten, Luft, Miasma, Res naturales)