Gerben

Aus Mittelalter-Lexikon
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Gerben (mhd. gerwen, ahd. garawen = gar machen, Leder bereiten). Das Ausgangsmaterial, die „grüne Haut“, bezog der Gerber frisch vom Metzger, Jäger oder Hundeschläger. Vor dem eigentlichen Gerben wurden die Tierbälge in Kalkwasser eingelegt oder in einer Grube dem natürlichen Fäulnisprozess überlassen. Dabei lockerte sich die Epidermis, wurde so aufnahmefähiger für die Gerbstoffe und kdie Haare konnten leichter abgeschabt werden. Je weicher das Leder werden sollte, desto länger ,musste die Beize einwirken; als solche wurden z.B. Urin, Hunde- und Vogelkot benutzt.
Die auf dem Abstoßbaum (einem hölzernen Gerüst) enthaarten und von Fleischresten gereinigten Häute ("Blößen") legte man, nachdem sie gebeizt waren (s. beizen), für unterschiedlich lange Zeit (4 Monate bis 5 Jahre) in einer mit Holz ausgeschlagenen Grube oder in einem Bottich in eine Gerbstofflösung (Gerbflotte, Lohe; mhd lo = das Abgeschälte) ein. Bei einem anderen Verfahren gab man die Blößen nacheinander in Bottiche mit Gerbstofflösungen steigender Konzentration. Am schnellsten arbeitete eine Gerbemethode, bei der die Häute in einem Fass mit 70° C heißer konzentrierter Lösung verschlossen und hin und her gerollt wurden. Bei allen Verfahren kommt es zu einer chemischen Reaktion der Gerbemittel mit dem Geflecht der Hautfasern, woraus die Elastizität des Leders resultiert. Nach dem Gerben erfolgte ein abschließendes Spülen der Häute und das Abtropfenlassen auf Stangengerüsten im Freien. Die eigentliche Trocknung geschah auf den Trockenböden im Dachgeschoss des Gerberhauses.
Organische Gerbstoffe (Gerbsäuren) wurden aus Eichenrinde, aber auch aus der Rinde von Fichte, Rottanne, Erle, Holunder, Buchen, Birken, oder Weiden, aus gerbsäurehaltigen Pflanzengallen (Galläpfeln) oder Früchten durch Zermahlen bzw. Zerstampfen und Auflösen in Wasser gewonnen. (Zum Gerben von 100 kg frischer Häute benötigte man 10 Zentner Eichenrinde). Der wichtigste anorganische Gerbstoff war ®Alaun, der in großen Mengen importiert wurde. Gerben mit organischen Stoffen erbrachte bereits fertiges Leder. Gerben mit Alaun (s. beizen) musste durch Bearbeiten der Unterseite mit Öl, Tran, Talg oder Fett ergänzt werden, um geschmeidiges und wasserabweisendes Leder – besonders für Kleidungsstücke – zu erhalten (Sämischgerberei, s. Gerber).
Die Herstellung gebrauchsfähiger Gerberlohe wurde vom 13. Jh. an durch wassergetriebene ® Lohmühlen vereinfacht.
(s. Gerber, Gerberlohe)