Heerfahrt
Heerfahrt (mhd. reisunge, hervart, herreise; ahd. herireita, herfart = Feldzug, Krieg; lat. expeditio, profectio). Die Wehrhoheit stand zunächst dem König alleine zu. Er verkündete die Reichsheerfahrt und erließ das Aufgebot. Seit Heinrich IV. war der König dabei auf die Zustimmung der Fürsten angewiesen. Hma. Heere bestanden aus etwa 2.000 Panzerreitern und 4.000 bis 6.000 leichtbewaffneten Fußkämpfern. Dem ®Heerbann folgend, kamen Herzöge, Markgrafen, Grafen, Bischöfe und Äbte des Reiches und deren ritterliche Vasallen und wehrpflichtige Männer, ebenso die Mannschaften der Reichsstädte zum Einberufungstermin am befohlenen Sammelplatz zusammen. Von dort aus begann - möglichst im Frühjahr - der Feldzug gegen feindliche Heere, Burgen oder Städte. Während des Marsches war das Heer meist in drei Abteilungen gegliedert. Die Spitze bildete die Vorhut, die rekognoszierte, das Gelände sicherte und gegebenfalls Hindernisse aus dem Weg räumte. Mit einem Abstand von etwa zwei Kilometern folgte die Hauptmacht des Heeres - bestehend vorwiegend aus Berittenen - samt Wagentross mit Kriegs- und Pioniergerät, Zelten, Proviant und Beutegut. Mit dem Tross zog ein bunter Haufen von Knechten, Wagenführern, Trossbuben, Metzgern und Köchen, vom SMA. an auch von Marketendern, Gauklern, Soldatenfrauen, Lagerhuren und Kindern. Das Ende des Zuges wurde durch die Nachhut gedeckt. Die tägliche Marschleistung schwankte, je nach Straßen-, Wasser- oder Geländeverhältnissen, zwischen 10 und 30 Kilometern. Das Lager wurde innerhalb einer Wagenburg aufgeschlagen, bei längeren Aufenthalten oder Belagerungen wurden auch Erdwälle aufgeworfen oder Palisaden errichtet. In feindlichem Territorium suchte man größtmöglichen Schaden durch Dezimierung der Landbevölkerung, Plünderung und Verwüstung von Dörfern und Feldern anzurichten. Zur offenen Feldschlacht traten im FMA. die Ritter mit ihren Fußknechten m.o.w. regellos gegeneinander an, später wurden Schlachthaufen aus Fußsoldaten gebildet, die das Gefecht im Vorfeld und bei der Verfolgung führten, während zwischen den keilförmigen oder rechteckigen Formationen der Ritter die Entscheidungsschlacht gesucht wurde. Pflegten ritterliche Kämpfer unterlegene Gegner gleichen Standes zu schonen (schon des zu erwartenden Lösegeldes wegen), so machten sie gegnerisches Fußvolk ohne jede Gnade nieder. Im SMA. erlangten die beweglichen, mit Stangenwaffen kämpfenden Landsknechtsrotten Überlegenheit über die unter der Last ihrer Rüstung immer schwerfälliger gewordenen Ritterscharen. Weniger in der Feldschlacht als bei Belagerungen gewann die ®Artillerie an Bedeutung und zwang zu Neuerungen im Befestigungswesen.
Das Aufziehen oder Erheben des Kriegsbanners markierte den Beginn einer Schlacht, das Niederholen bedeutete das Ende des Kampfes. Unentschuldigtes Fernbleiben von der Heerfahrt oder vorzeitiges Verlassen des Heeres (s. herisliz) wurden streng bestraft. Ausrüstung und Verpflegung waren Sache jedes Einzelnen, vom 11. Jh. an setzte sich zunehmend eine Aufwandsentschädigung seitens des Lehns- oder Dienstherrn durch.
(s. Belagerung, expeditio, Gleve, Krieg, Kriegsgefangene, Maifeld, Schar, Söldner)