Albertus Magnus
Albertus Magnus (um 1193 - 1280, hl. [1931]; Albertus Alemannus, A. Teutonicus, A. Coloniensis, "Doctor Universalis", etwa seit der Mitte des 14. Jh. "der Große"). Im schwäbischen Lauingen (a.d. Donau)aus ritterbürtigem Geschlecht geboren, bedeutender Philosoph, Theologe und Naturwissenschaftler der ®Hochscholastik. Studierte in Bologna und Padua, trat dort 1223 dem Dominikanerorden bei, lehrte zunächst an den Ordensschulen von Hildesheim, Freiburg i. Br., Regensburg und Straßburg und war 1245 - 48 in Paris, wo er den Magistergrad der Theologie erwarb und anschließend als Lehrer tätig war. 1248 wurde er vom Generalkapitel seines Ordens nach Köln entsandt, um dort ein studium generale der deutschen Dominkanerprovinz zu gründen. Von 1254 bis 57 war er Provinzoberst für Deutschland, 1256 bis 57 Lektor an der päpstlichen Kurie in Anagni, 1257 bis 60 wieder Lehrer in Köln, 1260 - 62 Bischof von Regensburg, 1263/64 - zusammen mit ®Berthold von Regensburg - Kreuzzugsprediger für Deutschland, danach Lehrer in Würzburg, Straßburg und – hauptsächlich – in Köln. Deutschland hatte zu jener Zeit noch keine Universität, und Alberts Verdienst lag auch darin, dass er die Kölner Dominikanerschule neben Paris und Oxford zu einem dritten Zentrum europäischen Geisteslebens machte. Zu seinen Schülern zählten ®Thomas von Aquin und ®Ulrich von Straßburg. Gegen den Widerstand seiner Ordensbrüder und des Papsttums versuchte er, dem Studium der Philosophie einen Platz in der theolog. Ausbildung zuzuweisen, dabei christl. Dogmatik und aristotelische Philosophie methodologisch zu trennen: Theologie gründe in der Offenbarung, Philosophie dagegen in der natürlichen Erkenntniskraft. Die natürliche Gotteserkenntnis beginnt für Albert mit dem Blick auf die Schöpfung, um von daher zu Gott als dem Schöpfer der Natur zu gelangen. Jedoch gelingt der Zugang zur sicheren Wesenserkenntnis Gottes nicht ohne die übernatürlichen Glaubensmysterien.
Der vielbewunderte "doctor universalis" war nicht nur als Theologe und Philosoph eine Kapazität, er beherrschte auch die Naturwissenschaften, besonders Astronomie, Biologie, Medizin und Alchemie. Seine naturwissenschaftlichen Arbeiten zeichneten sich durch exakte Beobachtung aus. (Für den ®Physiologus hat er nur Spott übrig und widerlegt ihn z.T. aufgrund eigener Beobachtungen.) Er befasste sich vorurteilslos mit Erkenntnissen jüdischer und arabischer Wissenschaftler und mit der Naturphilosophie des Aristoteles. Als charakteristisch für seine Erkenntnishaltung seien zwei seiner Sätze zitiert: "De particularibus philosophia esse non potest"... "Experimentum solum certificat in talibus" ("über das Konkrete gibt es keine Philosophie" ..."allein die Empirie gibt in solchen Dingen Gewissheit").
In der Zeit von 1228 bis 1245 lehrte er in Köln, Hildesheim, Freiburg, Regensburg und Straßburg. Die Rezeptur des Schwarzpulvers (als Treibladung für Feuerwerksraketen) war ihm ebenso vertraut wie der Schwärzungseffekt bei salpetersaurem Silber und die Reindarstellung des Arsens. Die ihm zugeschriebene Abhandlung „De secretis mulierum“ (über die Geheimnisse der Frauen) kursierte weithin als Handbuch über Empfängnis, Jungfernproben, Schwangerschafts-Früherkennung, Schwangerschaft, Geburt, Sterilität und Spermiogenese. Auf seinen ausgedehnten Fußreisen durch ganz Deutschland, die ihn bis ans Meer und bis in die Alpen führten, studierte er Pflanzen und Tiere, geologische Gegebenheiten und Fossilien, befragte Bauern, Fischer, Jäger, Vogelsteller und Bienenzüchter. In seinem botanischen Lehrbuch "De vegetabilibus" ("Liber de vegetabilibus et de plantis") beschreibt er eine große Zahl von Pflanzen nach Gestalt, Funktion und Wirkkraft und versucht sich an einer Klassifizierung. Das Werk beruht im wesentlichen auf der Schrift "De plantis" ("Peri phyton") des Aristoteles, die er in einer Übersetzung des ®Alfredus Anglicus kennengelernt hatte.
Sein zoologisches Hauptwerk "De animalibus" (26 Bände) enthält neben Aristoteleskommentaren eigene Beschreibungen fast sämtlicher Säugetiere, Vögel, Fische Schlangen und Würmer Deutschlands, insgesamt 477 Arten. Er stützte sich dabei auf die von Michael Scotus übersetzten Aristotelischen Werke Historia animalium, De partibus animalium und De generatione animalium.
Als erster Gelehrter des MA. befasste sich Albert mit dem Studium der Insekten.
Das fünfbändige "De mineralibus et rebus metallicis libri V" ist eine Beschreibung der bekannten Gesteine und Erze und stellt den ersten Ansatz einer Montanwissenschaft dar. Außerdem enthält es eine Aufzählung von Edelsteinen und deren magischen Kräften.
In "De caelo et mundo" gibt er eine – aufgrund falscher Annahme der Höhe der Sternbilder – falsche Länge des Erdumfangs an. Der Albert zugeschriebene "Libellus de alchimia" befasst sich mit alchemistischen Verfahren und Instrumenten, erteilt praktische Ratschläge für den Einstieg in die Laufbahn eines Alchemisten und mahnt zu Verschwiegenheit in Sachen der alchemistischen Kunst. Die Magie betrachtete Albert aus der Sicht des Naturwissenschaftlers; dabei unterschied er zwischen dämonischer Magie (worunter er vor allem die Nekromantie verstand) und der magia naturalis (Alchemie, Astrologie).
Von seinen systematischen philosophischen Werken seien "De intellectu et intellegibili" und "De natura et origine animae" genannt.
Albertus Magnus gilt als der größte Naturforscher des europäischen Mittelalters. R. Schmitz zitiert eine Äußerung von Ernst H. F. Meyer, derzufolge die Schriften Alberts "zu hoch über ihrer Zeit gestanden und die Zeitgenossen durch ihre spekuläre Tendenz abgeschreckt" hätten.