Rechtsfähigkeit
Rechtsfähigkeit. Mit Ausnahme derjenigen, die der Aberacht, der vollen Friedloserklärung (s. Acht) verfallen waren, war prinzipiell jede Person Gegenstand des ma. Rechts, wenn auch – je nach Stand, Alter, Geschlecht, Religion, Vermögen, Privilegierung – in höchst unterschiedlichen Graden. Voll rechtsfähig war der waffen- und handlungsfähige Mann, Freier wie Adeliger. Er war eidesfähig, voll besitz- und geschäftsfähig und freizügig. Als Vorstand eines Haus- und Hofverbandes übte er im Rahmen des ®Hofrechts die ®Munt über die dazugehörige ®Familia aus. Eingeschränkt bis zur ®Rechtlosigkeit war der rechtliche Status von Frauen, Kindern, Unfreien unterschiedlicher Grade, von Sklaven, Fremdlingen, Juden, Besitzlosen und den Angehörigen bestimmter Berufe (s. unehrliche Leute).
Ehr- und Wehrlosigkeit bedeutete das Verbot Waffen zu tragen und die Eidesunfähigkeit. In Rechtlosigkeit (mhd. elos = außerhalb des Gesetzes stehend) – den Zustand genereller Gerichtsunfähigkeit – verfielen überführte Wiederholungstäter, waren von vornherein unehelich Geborene und unehrliche Leute samt aller Familienangehörigen; sie hatten nicht einmal mehr Recht auf auch nur symbolische Genugtuung (s. Scheinbuße). Einen besonderen Rechtsstand hatten ®Kleriker inne, der sowohl Privilegien (z.B. erhöhten Rechtsschutz, eigene Gerichtsbarkeit) als auch Einschränkungen (z.B. Verbot des Medizin- und Ius-civile-Studiums) beinhaltete.
Fremde waren besonders in den Städten rechtlichen Benachteiligungen ausgesetzt, so bei Grunderwerb, in der Berufs- und Erwerbstätigkeit und im Beweisrecht. Den Nachlass eines in der Stadt verstorbenen Fremden vereinnahmte der Rat ganz oder teilweise; für die Schulden von Landsleuten konnte eine Fremder festgesetzt, sein Gut beschlagnahmt werden. Abziehende Fremde mussten einen Teil ihres Vermögens abgeben (Nachsteuer, Abzug; gabella emigrationis).
Der Grad der Rechtsfähigkeit konnte sich mindern (etwa durch ®Kommendation oder unstandesgemäße Verheiratung) oder bessern (wie beim Aufstieg von Dienstleuten in den niederen Adel oder beim Erwerb des Bürgerrechts durch einen Hörigen); allgemein kam es bis zum SMA. zu einer Verbesserung der Rechtsbefugnisse, besonders deutlich bei denen von Frauen und Stadtbürgern.
(s. Bürgerrecht; Frauen, Rechtsstellung der; Hörige; Leibeigene; Schande; Sklave)