Strafen

Aus Mittelalter-Lexikon
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Strafen. Das Kanonische Recht disziplinierte Kleriker und Laien bei Vergehen gegen christl. Normen mit z.T. rigiden Strafen (körperliche Züchtigung, Ehrminderung, Buße, Exkommunikation, Amtsenthebung, Interdikt u.a.). Zum Vollzug von Todesstrafen wurde der "weltliche Arm" bemüht. Nach dem Verständnis der Theologen sollte durch die Bestrafung des Sünders Gottes Zorn über die Verletzung göttlicher Ordnung besänftigt werden. Dies war umsomehr geboten, als sich Gottes Zorn – zumindest bei schweren Verfehlungen – mit Hungersnöten, Naturkatastrophen oder Seuchen gegen die ganze Christenheit richten konnte.
Auch der Strafzumessung seitens eines Grundherren oder eines weltlichen Gerichts lag nicht der Grundsatz einer Resozialisierung oder Besserung des Täters zugrunde, sondern ursprünglich die Beschwichtigung des beleidigten Gottes sowie Schadensausgleich und Versöhnung mit dem Geschädigten. Im hma. Recht kam es zu einer „Kriminalisierung des Strafrechts“: Strafdelikte wurden als Friedensbruch betrachtet, der mit Leibes- und Lebensstrafen vergolten werden musste. Strafe diente der Rache und Abschreckung, im SMA. wohl auch der Zufriedenstellung des Pöbels durch das öffentliche Schauspiel des Strafvollzugs. Für die Art der Strafe gab es keinen festgelegten Regelkanon, sie war in die Willkür des Grundherren oder des Gerichts gestellt („arbiträre Strafgewalt“) und variierte nach Zeit und Ort, nach Stand, Geschlecht und Alter von Täter und Opfer. Hinrichtungen wurden oft als regelrechte Volksfeste begangen, brachten dem jeweiligen Hinrichtungsort Zulauf und belebten den Umsatz der Schenken und Imbissstände. Städte erkauften sich daher gelegentlich die Ausführung einer andernorts verhängten Exekution.
Der ma. Strafenkatalog umfasste Rangverlust bzw. Rückversetzung (etwa bei Rittern oder Amtspersonen), ®Geldstrafe bis hin zum Einzug des gesamten Vermögens, Verlust des aktiven und passiven Wahlrechts, Verlust des Erbrechts, Verlust der Testierfreiheit, Verweigerung eines ehrlichen Begräbnisses (z.B. bei Selbstmord), ®Freiheitsstrafe (s.a. Gefangenschaft), Ächtung (s. Acht), ®Stadt- oder Landesverweisung (s. Verbannung), ®Ehrenstrafen, ®Züchtigung, ®Verstümmelungs- und ®Todesstrafen.
Wie schon erwähnt, erfolgte die Strafzumessung gemäß der gottgewollten Ordnung nach der Standeszugehörigkeit: Adlige und angesehene Bürger wurden milder, manchmal auch überhauptnicht für Delikte belangt, für die Arme, Unfreie, Ortsfremde oder landschädliche Leute an Leib und Leben hart abgestraft wurden. Zudem waren Strafen durch Geldleistungen ablösbar, was wiederum nur reichen Tätern und ihren Familien möglich war. Die soziale Differenzierung des Strafwesens blieb auch noch gängige Praxis, nachdem die ®Rezeption des Römischen Rechts den Gedanken an die Gleichheit aller vor dem Recht gebracht hatte. Frauen wurden für das gleiche Vergehen häufig härter bestraft als Männer. Kinder unter sieben Jahren galten als strafunmündig, vom siebten bis zum vierzehnten Lebensjahr als eingeschränkt straffähig. Für Schäden, die von Geiteskranken angerichtet worden waren, haftete deren Vormund.
(s.a. Begnadigung, Pranger, Scheinbuße, spiegelnde Strafen, Strafen an Haut und Haar, Strafen gegen Sachen, Strafen gegen Tiere, Strafen gegen Tote, Strafpilgerfahrten, Sühnekreuz)